(55«» Maestro.
Das prächtige Dampfschiff „der Ercolano" lag im Hafen von Neapel zur Abfahrt bereit. Die Glocke war schon zum zweiten Male gezogen worden, nnd immer mehr füllte sich vaö breite Verdeck, welches die Masse kaum noch zu fassen vermochte; bei der großen Hitze eine wenig erfreuliche Aussicht. — Bald beruhigte unö indeß ein Blick auf den ansehnlichen Kreis der uns das Abschiedsgeleit gebenden Landöleute, welcher unö hoffen ließ, daß noch viele in ähnlicher Absicht zugegen sein möchten. — Der bewegliche Italiener ist bei solchen Gelegenheiten besonders auf den Beinen. Sich im Wirthshaus, beim Glase Wein zu treffen, um Abschied zu nehme», ist ihm unbekannt. Wo können wir unö morgen sprechen? — Im Theater heißt eö, auf der Promenade, höchstens im Caft, und auf ähnliche Weise wird daö Dampfschiff ein Ort des allgemeinen i-emlox-vc»i8. Sie sprudeln überall, zu jeder Zeit, auch ohne Wein - und Speise-Karte. — Wir sahen voll Wehmuth hinüber nach der im Osten dämmernden Küste von Sorrent. Warum denn verließen wir die Villa mit der Veranda von Weinlaub und blüheudem Oleander? Warum den Orangenhain , durch dessen Stämme der selig ruhige, blaue Meeresspiegel erglänzte? — Ach man kann noch so sehr Kosmopolit sein, man fährt nicht aus der Haut, in der man geboren ist. Die geschichtliche Aufgabe eines Volkes ist jedes Einzelnen Bedürfniß, mag der Theil, den er daran nimmt, noch so unmerkbar, ja unbewußt sein. Erst wenn die Entwicklung der Menschheit so weit vorangeschritten sein wird, daß sie der Abtrennung ihrer Phasen in einzelne Völkerschaften nicht mehr bedarf, kann man überall derselbe Mensch sein. —
In dem Gedränge ließen sich bald außer der unsrigen noch zwei Hauptgruppen unterscheiden. -— Die eine bestand aus sehr eleganten, zum Theil sehr schönen Damen, und ebenso eleganten Herren. —