Beitrag 
Ein Actenstück der Niederösterreichischen Ständeverfassung.
Seite
484
Einzelbild herunterladen
 

484

wähnt lassen, daß in allen verwickelteren Streitfällen die Kammerpro- curatur und bei dieser nur der Unterthansadvocat um das Gutachten angegangen wird, welcher nicht weniger als das Kreisamt zur Vertretung der Unterthanen berufen, welcher unablässig mit der Geltendmachung zweifelhafter Rechte und Ansprüche der Unterthanen beschäftigt, und daher aus sehr erklärlichen, ja löblichen Gründen am allerwenigsten geeignet ist, den rechtlichen Standpunkt des Streitgegenstandes zu erfassen.

In dem Maße aber, als die Dominicalrechte und Bezüge unter diesen Verhältnissen den empfindlichsten Schmälerungen Preis gegeben sind, vermehren sich, wie zu 3, bemerkt werden muß, die Anforderungen der Behörden an die Dominien in Bezug auf die öffentliche Verwaltung ohne Beachtung einer hierzu vorhandenen Verpflichtung oder Leistungskraft.

Es sind vorzüglich die polizeilichen Anforderungen, durch deren Trost­losigkeit die Dominien sich gedrückt fühlen. Der 1 rirctiM>8 6v iuridus incm-poi-lüihlls legt in Tit. 3, 8. 4 , den Dorfobrigkeiten nur die Ob­liegenheit auf:die Handhabung der Ortspolizei zu beobachten und in gutem Wesen zu erhalten." Demgemäß war als Grundsatz angenom­men, daß die Dominien die Verwaltung der Polizei zu überwachen, die Uebertreter zu untersuchen, aufzubewahren, abzuurtheilen, kurz vorzüglich dasjenige zu leisten haben, wozu geistige Kräfte und Ansehen erforderlich sind, wogegen die Anwendung physischer Kräste zu polizeilichen Zwecken stets vorzüglich nur den Gemeinden oblag. Gegenwärtig wollen Ew. Majestät Behörden die Gemeinden von der Mitwirkung hierzu befreit wissen, und fordern die Besorgung aller polizeilichen Obliegenheiten selbst über den Bereich der Local-Polizei hinaus, auf alleinige Kosten der be­treffenden Dominien. Sie haben ihnen die früher nicht bestandenen sogenannten Sicherheits - Eommissariate, die unentgeldliche Besorgung der Vorspanns- und Einquartierungsangelegenheiten, für welche früher eigene k. k. Commissare aufgestellt waren, dann die an der Grenze früher von k. k. Be­amten besorgten Post-Vidirungen und Jnstradirungen nebst allen damit verbundenen Untersuchungen und Schreibereien, ja selbst die unentgeld­liche Jurisdictionspslicht über ganze Staatöanstalten z. B. über die Fi­nanzwache und über Staatsfabriken übertragen. Sie haben den Grund­satz aufgestellt, daß, wenn von einem aufgegriffenen Jndividuo die Heimath nicht zu ermitteln ist, die aufgreifende Herrschaft dasselbe für Lebens­dauer zu versorgen und unter Polizei-Aussicht zu stellen habe, und sie haben in Beziehung auf Landesstcherheit und Straßenpolizei Leistungen strengstens und pönfällig angefordert, die bei dem größten Aufwands unerreichbar sind. Diese Vorgänge können weder wohlwollend noch zweck­mäßig erscheinen, da es doch gewiß ist, daß die höhere Polizei, deren Besorgung dem Staate obliegt, um so leichter und wirksamer besorgt werden kann, je besser die Local-Polizei überall bestellt ist, und daß daher die gute Leitung der letzteren in allen Wegen erleichtert, nicht aber durch ungebührliche Auslastung nutzloser Kosten und durch Entziehung der nöthigen Organe erschwert werden soll.