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Stelle bereit erklärt — der Erzherzog Johann, der in Steiermark und Tyrol Vergötterte und dessen Toast bei dem Königsfeste am Rhein vor wenigen Jahren durch ganz Deutschland haltte. Ob aber die Akademie nicht dadurch, daß ein kaiserlicher Prinz das höchste Ehrenamt derselben übernimmt, nicht etwas an ihrem freien wissenschaftlichen Aussehen einbüßt, ist eine andere Frage und wir haben in solchen Dingen hier nicht viel zuzusetzen. Als Petitionär um die Stelle eines Akademikers, hat sich auch der bekannte Regierungsrath Deinhardstein gemeldet, ob er dabei mehr seine Verdienste als dramatischer Dichter, oder als Redacteur der wiener Jahrbücher der Literatur, oder als Censor geltend gemacht, ist ungewiß, so viel aber sicher, daß er bis jetzt nicht bestimmt ist. Uebrigens hat die neuliche Denunciation der russischen Gesandtschaft, wegen eines Artikels in einer hiesigen Zeitschrift, für ihn das Unangenehme oder Angenehme, daß er seiner Stelle als Censor enthoben wird, indem er nächstens eine Reise nach Belgien unternimmt, während welcher Zeit die Censur der hiesigen belletristischen Blatter in andere Hände übergehen wird. — Unsere Blätter erregten vor einigen Tagen ein gewisses Interesse, durch einen Artikel, welcher sich, mit Ausnahme der bäuerle'fchen Theaterzeitung, der theologischen, technischen und medicinischen Zeitschristen, in sämmtlichen hiesigen Journalen befand, es war ein Aufruf an die Redactionen deutscher — d. h. außerösterreichischen — Zeitschriften, ihre Sorgfalt in der Wahl der Correspondenten über Oesterreich zu verdoppeln und jede einzelne Nachricht genau zu prüfen, ob sie nicht schon in sich selbst Zeichen der Unwahrheit und Gehässigkeit trage. Motivier war dieser Aufruf dadurch, „daß kein einziges deutsches Journal sich freihielt von Unwahrheiten, österreichische Verhältnisse oder Personen betreffend", ferner: daß die große Mehrzahl deutscher Blätter, wenn sie sich auch bemüht redliche Correspondenten zu erhalten, ihr dieses oft doch nicht gelingt, weil sie sich nicht an den rechten Mann wendet und daß bei den Unannehmlichkeiten, womit die Correspondenz aus Oesterreich bisher so oft verbunden war, sich fachkundige Inländer nur schwer dazu herbeiließen und die Wahl also nothwendig oft auf unbedeutende Subjecte siel. Nun kommt aber gegen den Schluß zu noch der Passus: In dem Maße, als eine freiere Besprechung österreichischer Zustande auch in den österreichischen Blättern beginnt, halten es die Vertreter der periodischen Presse in Wien für ihre Pflicht, jenem Unwesen zc. mit aller Kraft entgegenzutreten." Man sieht, die wiener Journalisten wollen etwas, aber sie verrücken nicht allein den Standpunkt, auf welchem sie selbst stehen, sondern sie fassen auch weder jenen der österreichischen Censur, noch jenen der deutschen Presse klar genug in's Auge. Sie wollen Wahrheit in Betreff der österreichischen Verhältnisse und setzen sich als eine Art Censurcollegium, als einen Wohlfahrtsausschuß Oesterreichs, als einen öffentlichen Ankläger, nicht allein der deutschen Presse, sondern auch vielleicht so mancher Ehrenmänner in Oesterreich hin, welche gezwungen sind, unter dem Siegel des strengsten Geheimnisses zu correspondiren, denn in dem Aufrufe wird ja selbst eingestanden, daß so viele Unannehmlichkeiten mit dem Correspondiren aus Oesterreich verbunden sind! Und