IS5
Kanzel und die Bäume des Waldes, an denen wir vorüber fuhren, ebenso, viele gedrängte Zuhörer wären; er vergaß nun die Pferde, die immer langsamer gingen, der Wagen schulterte nur leise und durch die helle Nacht klangen seine Worte. Plötzlich mit ausgestreckter Hand zeigte er nach der Gegend seines Dorfes hin und rief: So war einst das ganze Land der Böhmen! Und mit diesen Worten ließ er sich heftig auf seinen Sitz nieder, drückte den breiten Hut in die Stirne und hieb mit großer Gewalt auf die Pferde los, daß wir wie im Sturme dahinfuhren und nach einer Stunde in Prczibram waren. Weder der Fuhrmann noch der Bauer sprachen fürder ein Wort. Das war die einzige Begegnung, die ich mit Calvinisten jener Gegend jemals hatte; sie war aber nicht geeignet, sobald vergessen zu werden. Doch war ich wie gesagt nicht in dem Alter, in dem es mich hätte inlcressiren können, über die Brüder unseres Fuhrmanns nähere Erkundigungen einzuziehen. So viel erfuhr ich, daß sie es sind, die stets mit den Katholiken zu disputiren anfangen und an ihnen gern ihren Spott und ihren Witz üben, und daß sie darin sehr gewandt und oft scharfsinnig sind; zugleich aber erzählte man mir auch, daß sie von den Katholiken mit größter Toleranz und Brüderlichkeit behandelt werden, obwohl sie von diesen als Verdammte und für ewig Verlorene angesehen werden. Vielleicht ist es eine gewisse Ahnung, eine dunkle Erinnerung, die dem Böhmen im innersten Herzen sitzt.
Auf Ahnliche Weise machte ich die Entdeckung der andern Insel, der Sprachinsel. Es ist das ein deutsches Dorf mitten im slavischesten Böhmen und liegt ungefähr acht Meilen südlich von Prag und ein und eine halbe Meile südwestlich von jenem calvinischen Dorfe auf der erzbischöflichen Herrschaft Roczmital. Wieder war es ein Bauer der Umgegend, der mir über diese Merkwürdigkeit die erste Auskunft gab, als ich einst in früher Jugend nahebei vorüberfuhr. Das Dorf fiel mir auf; es hatte etwas Eigenthümliches, Sonderbares, Fremdartiges, und ich fragte den Bauer um die Ursache. — Das ist ein dummes Dorf, sagte er, wohnen lauter Deutsche drin, die kein Wort böhmisch sprechen. Kuriose Leute; sie bauen ihre Häuser anders, als wir und legen große Steine auf die Dächer; sie spannen ihre Ochsen anders ein, sie kleiden sich anders, kurz thun Alles anders, als wir Böhmen. Ein dummes Volk.
Erst später sagte man mir, daß die Bewohner des „deutschen Dorfes" vor langer, langer Zeit aus ihrer Heimath, die von Elementarunglück heimgesucht ward, von einem Erzbischof hierher verpflanzt