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Was sagen Sie dazu, daß auch unserer Stadtverordnetenversammlung ein politischer Geist sich zu bemächtigen anfängt? Die Verweigerung auch der sehr bedingten Oeffentlichkeit, auf welche die Majorität derselben angetragen, scheint selbst die altväterischsten dieser Vater unserer Stadt etwas verstimmtzuhaben,sodaß sieanfangen, an eine bessere Vertretung der letzteren bei den Provinzialständcn zu denken, die bisher«—wenig stcns in der Mark Brandenburg — so entschieden für die dunkclstcHeimlich- keit waren. Ein kürzlich in der Stadtverordnetenversammlung gestellter Antrag geht nun dahin, nicht blos die Vertretung Berlins, sondern die des Standes der Städte überhaupt bei den Provinzialständen zu verstärken. In denselben ist ausschließlich nur der Grundbesitz und davon wieder mit überwiegender Macht der Rittergutsbesitz repräsen- tirt, der ohnehin einen sehr naheliegenden Einfluß auf den Stand der Bauerngutsbesitzer zu üben pflegt, so daß nicht blos die eigentliche Intelligenz des Landes gar nicht vertreten, sondern der ti.vr«-ot!tt selbst in seinen grundbesitzcnden Mitgliedern in den Hintergrund gedrängt ist. Zwar hat auf dem vorigen Landtage der bei mehreren provin- zialständischen Versammlungen gemachte Antrag auf eine größere Betheiligung der Städte bei der Repräsentation keine Zustimmung von oben gefunden; es steht jedoch zu hoffen, daß ein solches Begehren, das direct von der Hauptstadt des Landes ausgeht, größere Berücksichtigung finden werde. Eine Nachricht über die Verhandlungen der Stadtverordneten über diesen Gegenstand sollte kürzlich durch die hiesigen Zeitungen veröffentlicht werven, doch wurde sie von der Censur gestrichen, vorgeblich, weil das Gesetz eine solche Veröffentlichung nicht gestatte. Das Obercensurgericht, an welches darauf rccurrirt wurde, hat indessen zwischen einer Privatmittheilung dieser Art und amtlicher Veröffentlichung einen Unterschied gemacht und erstere für vollkommen zulässig erklärt, wahrend letztere — allerdings nicht zum Vortheil der Sache — nach wie vor untersagt bleibt.
In diesem Augenblicke ist man damit beschäftigt, die Localver- eine zu bilden, die dem mit seinem Vorstand und Ausschüsse bereits organisirten Centralvcrein für das Wohl der arbeitenden Classen als Ergänzung dienen sollen. Erst durch die Localvereinc kann und will der Eentralverein wirken, aber welche Gestalt, welchen Einfluß und welche Wirksamkeit jene erhalten werden, das ist vorlaufig noch nichr zu sagen. Soll das Ganze nicht auf ein bloßes Spielen mit Associationen und populären Formen hinauslaufen, so werden bort die arbeitenden Stande unv nicht blos, wie im Eentralverein, die Geheim- räche und reichen Fabrikherren an das Ruder treten, und statt es bei Pnlliativmittcln, wie die vorgeschlagenen Prämien-Sparkassen :c. bewenden zu lassen, wird man in eine gründliche Untersuchung dessen, was den Arbeitern Noth thut, eingehen müssen. Nun, wir wollen sehen, wie sich diese Loealvereine constituiren, um darnach zu beurthei-