349
nen, liebenswürdigen Geschwätzigkeit gesagt? Kaum wollte ich mich nun endlich wieder niederlegen, als ich durch die Bretterwand, die mich von ihrem Zimmer trennte, die Alte aus dem Bett springen und das Fenster öffnen hörte. Sie war wahrscheinlich erst jetzt wieder etwas zur Besinnung gekommen, die Wuth war wieder erwacht und so sing sie nun an, in die Nacht hinaus auf den Wirth, die Wirthin und jede einzelne Person des Hauses zu schimpfen. Die nicht gerade liebliche Stimme des wunderlichen Weibes, dieser Strom der ausgesuchtesten Schimpfwörter, die sich nur immer wiederholten, da Niemand daraus antwortete, bildeten einen eigenen Contrast zu der tiefen, feierlichen Stille ringsumher. Die Alte ließ mit ihrem wüthenden Geschrei erst nach, als ich es ihr derb und ernst untersagte, und es mochte wohl schon vier Uhr sein, ehe ich wieder die gehörig.- Ruhe gewonnen hatte, einzuschlafen.
/ ' ' ^ ^ 'Z.''>M^chk>'^ - , Als ich am anderen Morgen nicht gerade in aller Früh-, noch ermüdet und etwas ärgerlich über den Nachtlärm, beim Kaffee saß, trat ein fashionabler junger Mann in glänzendweißen Glacehandschuhen zu mir ein, dessen Gesichtszüge mir bekannt schienen. Bei seinem Nähertreten erkannte ich in ihm den Sohn eines hohen Beamten, den ich früher schon in Gesellschaften gesehen und Clavier spielen gehört hatte. Er war eine jener Figuren, wie man sie in Berlin häufig sieht und daher leicht mit einander verwechseln kann; mit allen möglichen äußeren Mitteln und Anlagen begabt, um in den Berliner Damengesellschaften auf den Ruf eines höchst interessanten und liebenswürdigen Mannes Anspruch zu machen. Denn der junge Mann hatte ein bleiches, glattes, nicht gerade unregelmäßiges Gesicht mit zwei verschwimmenden, graublauen Augen und einem sentimental lächelnden Zug um den Mund, das hellbraune Haar glatt und schlicht an beiden Schläfen herabhängend und dazu höchst zierliche, geschmeidige Bewegungen. Meine Ahnung war richtig, daß dies der Felir sein müsse, von dem ich in der Nacht so viel gehört hatte. Doch hieß er nicht Felir und nannte sich, wie er sagte, nur so, um seinen Famil ennamen nicht bekannt werden zu lassen. Er war übrigens betroffen, in mir einen entfernten Bekannten zu finden. Als er kaum in das Haus getreten, war Hm die Alte
44*