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Aufmerksamkeit in hohem Grade auf sich gezogen, wie es denn auch bei der großen Liebe der Tyroler zu ihrer Alpenheimath nicht anders zu erwarten war. Die Eröffnung dieses Cyclus übernahm der Landesgouverneur, Graf Clemens v. Brandts, selbst, ein Mann, der durch sein Werk: Tyrol unter Friedrich von Oesterreich —seine Freude an den vaterlandischen Geschichten und den Beruf, sie darzustellen, sattsam erwiesen hat. Er besprach in einem gediegenen Vortrage die Geschichte unseres Landes von den ersten Zeiten, wo der Name Rha- tiens bei den Alten genannt wird, bis zu den Tagen Meinhard II., — eine Epoche, gegen deren Schluß namentlich das kraftige Walten der beiden Meinharde, der Grafen von Görz und Tyrol, lebensfrisch hervortrat und deren Schilderung insbesondere durch ein klares und lichtvolles Bild der sehr verwickelten Territorialverhältniffe, wie sie zwischen den verschiedenen Dynastengeschlechtern des Landes obwalteten, hohen Werth erhielt. In der nächsten Zusammenkunft gab Dr. Schuler, der standische Archivar, einen Ucbcrblick der vaterländischen Begebenheiten von der Zeit, wo sein Vorgänger geendet, bis zu Maximilian I., dem geliebten und annoch in der Erinnerung theueren Fürsten, den seine' Vorliebe für Tyrol nirgends lieber verweilen ließ, als zu Innsbruck, zu dessen Zeit daher unsere Hauptstadt in all dem Glänze einer kaiserlichen Residenz erstrahlte. Geistreich angelegt und ausgeführt, wie dieser Vortrag war, erfreute er sich der allgemeinen Zustimmung in bedeutend höherem Maße, als der nächste des Professors Weber, der die Epoche der Reformation behandelte und in seiner Anschauung dieser bewegten Zeitläufe wenigstens in einzelnen wesentlichen Stücken nicht mit der zusammenfiel, die sich seine Zuhörer gebildet hatten, obgleich in seiner Rede auch manches gelungene Apercu hervortrat, dem man den Beifall nicht versagen konnte. Auf Professor Weber folgte Professor Jäger, Benedictiner im vintsch- gauischen Kloster Marienberg, gegenwärtig hier verweilend und mit der Erziehung der Söhne des Landesgouverneurs betraut, ein Name vom besten Klänge in unserer vaterländischen Historie, ein allgemein geachteter Mann von hohem sittlichem Werthe und humanster Gesinnung. Man war um so gespannter auf seine Gabe, als er eine der interessantesten Perioden unserer Geschichte, das innere Leben Ty- rols seit der Reformation zu schildern hatte. Als der Angel, um den sich hier Alles dreht, traten billigerweise die religiösen Zustande hervor und er gab davon ein Bild, das die Zuhörerschaft mächtig anzog. Mancher Andere würde hier die Apostopesen für das unverfänglichste Mittel gehalten haben, sich die schwierige Darstellung dieser Zeiten zu erleichtern, allein Professor Jäger hielt es nicht für ehrlich, sich mit seiner Aufgabe in dieser Art auszugleichen, sondern wagte es vielmehr, die volle Wahrheit auszusprechen. Die Darstellung des versunkenen ethischen Zustandes, der zur Zeit der Reformation in Tyrol