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Fortschritte in der Photographie : 1. Die Negativaufnahme.
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Fortschritte in der Photographie,

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groben Textur des Papiers den überaus zarten Arbeiten Daguerres gegenüber nicht konkurriren. Da kam Niepce de St, Victor auf den Gedanken, statt des Papiers als Träger des Bildes eine mit Eiweiß überzogene Glasplatte zu benutzen. Die Methode hatte vortrefflichen Erfolg, nur daß das Eiweiß zu schnell dem Verderben ausgesetzt ist. Als man nach Erfindung des Collodiums diesen Stoff anwandte, war im Jahre 1851 die Erfindung des noch bis heute üblichen photographischen Verfahrens vollendet. Auch dieses letztere möge mit einigen Worten beschrieben werden.

Eine peinlich sauber geputzte Glasplatte wird mit Collodium übergössen, in welchem Jodkalium oder verwandte Verbindungen aufgelöst sind. Die feuchte Platte wird in ein Bad von salpetersauerm Silberoxyd getaucht; hier verliert sie ihre Durchsichtigkeit und wird infolge des sich bildenden Jodsilbers milch­weiß. Die so vorbereitete Platte wird sogleich dem in der Camera aufgefangnen Lichtbilde cxponirt und nimmt den empfangenen Lichteindruck in sich auf, ohne daß davon etwas zu merken wäre. Das entstandene metallische Silber muß durch einen Entwicklungsprozeß erst sichtbar gemacht werden. Dies geschieht durch Übergießen mittelst einer angesäuerten Lösung von Eisenvitriol. Jetzt tritt aus der weißen Schicht das Bild derart hervor, daß alle beleuchteten Stellen schwarz erscheinen, also Gesicht und Hände wie die eines Mohren aus­sehen, während der schwarze Rock weiß bleibt. Ist die Platte zu kurze Zeit beleuchtet worden und hat also das Negativ nicht die erforderliche Kraft erreicht, so wird es mit einer Lösung von Pyrogallussäure übergössen, der man einige Tropfen Silbcrlösung zugesetzt hat. Das Silber schlägt sich dann als ein schwarzes Pulver nieder und hastet an allen denjenigen Stellen, wo es durch das Licht reduzirtes metallisches Silber vorfindet. Das Bild wird also verstärkt. Endlich wird die Platte fixirt, d. h, durch die bereits erwähnte Lösung von untcrschwefligsciuerm Natron wird das noch in der Collodiumhaut enthaltene Jodsilber aufgelöst und durch Waschen entfernt. Jetzt ist das Negativ fertig. Es ist eine Schablone, mit welcher unter Einwirkung des Lichtes das positiv mittelst Chlorsilber gefärbte Bild hergestellt wird. Natürlich kann man mit demselben Negativ soviel positive Abdrücke machen, als man will. Aber die Farbe dieser Abdrücke ist fuchsig und häßlich; um die schönen purpurnen oder blauschwarzen Töne zu gewinnen, müssen die Abdrücke in einer Goldlösung Goldchlorid mit einem alkalischen Salz schwimmen, bis sie die Goldfarbe angenommen haben. Endlich werden auch diese Papierbilder fixirt und aus­gewaschen.

In den letzten dreißig Jahren ist trotz unaufhörlichen Forschens und Ex- perimentirens an dieser Methode etwas prinzipielles nicht geändert worden. Es wurde das einzelne vervollkommnet, man wandte höchst komplizirte Lösungen an, um schließlich doch wieder zum einfachen zurückzukehren. Es wurde die optische Seite in bewunderungswürdiger Weise ausgebildet, es wurden Objektive