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Englische Sünden in Irland.
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Englische Sünden in Irland.

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Scheffel gestiegen. In einigen Bezirken konnte der Reisende zwanzig bis dreißig Meilen zurücklegen, ohne ein Spur menschlichen Lebens anzutreffen. Die Wölfe hatten sich in dem durch Cromwells Soldaten gründlich verwüsteten Lande mit noch erschreckenderer Schnelligkeit vermehrt als zu gleicher Zeit in dem durch den dreißigjährigen Krieg verödeten Deutschland, und große Rudel derselben streiften bis vor die Thore Dublins. Und was der Krieg übrig gelassen, beseitigte England auf andern Wegen, soweit es konnte, immer dabei vor allem selbstsüchtige Zwecke vor Augen. Sklavenhändler wurden gegen die überlebenden Iren los­gelassen, und Hunderte von Knaben und heiratsfähigen Mädchen, die nicht das mindeste verbrochen hatten, verschiffte man nach Barbadoes, wo sie an Pflanzer verkauft wurden. Priester, die sich des Messelesens und der Spendung der Sakramente schuldig gemacht hatten, erlitten dasselbe Schicksal, und der katholische Gottesdienst verschwand vollständig aus der Öffentlichkeit. Die Hauptsache aber blieb immer, daß das Ziel, nach welchem dieAbenteurer" (g-ävöQwrsrs, d. h. die im Auslande operirenden Unternehmer und Glücksritter) Englands seit Elisabeths Zeiten unablässig getrachtet hatten, nun beinahe ganz erreicht war: fast alles Land in den drei größten und reichsten Provinzen Irlands war von der britischen Regierung eingezogen und unter die Streber, die dem Parlamente Geld vorgestreckt hatten, sowie unter die puritanischen Soldaten, denen man die Löhnung schuldig geblieben war, verteilt worden. Solchen Iren, die man durchaus als unschuldig an der Empörung ansehen mußte, wurde Grundeigentum in Connaught angewiesen, einer Provinz, die als felsige und sumpfige Gegend zu ewiger Armut verurteilt und damals überdies durch Mord und Hunger fast allenthalben verödet war.

Die Ansiedelungsakte Cromwells, welche diese Dinge verfügte, ist die Haupt­wurzel des tiefen und bleibenden Zwiespalts zwischen Eigentümern und Päch­tern in Irland, welcher bis heute die erste und oberste Ursache der unauf­hörlichen politischen und sozialen Übelstände und Verbrechen gewesen ist, die man dort zu beklagen hatte. Indes wurde nach der Restauration der Stuarts in England mild regiert, uud so lebte der Wohlstand der Iren einigermaßen wieder auf. Aber bald vernichtete ihn eine neue Revolution, bei der sich die letzteren ihrem eifrig katholischen Souverän anschlössen, abermals. König Jakob landete am 12. März 1689 zu Kinsale, und am 7. Mai wurde durch ihn das irische Parlament eröffnet, welches fast ganz aus Katholiken und solchen bestand, deren Familien durch Cromwells Akte ihren Grundbesitz eingebüßt hatten. Diese Akte wurden vom Parlament aufgehoben, der Beschluß kam aber nicht zur Aus­führung, da Jakob von König Wilhelm am Boyne geschlagen wurde, vielmehr machten nach Unterdrückung der Erhebung Irlands neue Landkonfiskationen die Niederlage der alten Rasse vollständig. Die letzten krampfhaften Zuckungen gegen den englischen Egoismus hörten nun auf, und die irischen Zustände gestalteten sich bis auf die neueste Zeit folgendermaßen. Die anglikanische Kirche wurde