640
Literatur.
politischen Ereignisse in Deutschland mehr als früher das Nationalgefühl rege geworden ist. Daß diese begeisterte Hingabe an die Interessen des Vaterlandes kein Chauvinismus ist, sondern als eine gesunde Reaktion gegen den kosmopolitischen Sinn früherer Zeit aufgefaßt werden muß, das ist dem Pater Didon bei seiner Unkenntnis der deutschen Geschichte nicht klar geworden.
In Frankreich sind seit dem Jahre 1370, wo Deutschland von deu Franzosen durch einen unglücklichen Zufall entdeckt wurde, viele Bücher über die Deutscheu erschienen. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen ist auf die Leichtgläubigkeit des französischen Publikums berechnet, welches ein Bedürfnis fühlt, dnrch billigen Spott für Sedan Revanche zu nehmeu. Zu diesen Büchern gehört Pater Didons Buch uicht. Der Verfasser kenut zwar die Geschichte des deutschen Volkes nicht, anch hat er nicht lauge genug unter und mit Deutscheu gelebt, um sich ein richtiges Urteil bilden zu können, aber er ist doch bemüht, die Wahrheit zu sageu, und hat anch vielfach bei der Beurteilung der deutscheu Wissenschaft uud der deutschen Universitäten das Richtige getroffen. Genügt dies aber, um eine deutsche Übersetzung des leicht zugänglichen uud billigen französischen Buches drucken zu lassen?
Aus Amerika. Reisebriefe von C. Herzog, kaiserl. Staatssekretär z, D. 2 Bände. Berlin, Puttkcunmcr und Mühlbrecht, 1884.
Der Verfasser dieses Buches hat iu den Jahren 1881 und 1832 eine Reise nach Amerika unternommen, die ihn, um nur die Hauptpunkte zu erwähnen, von Newyork quer durch das Festland nach Sau Francisco, von dort nach Portland, Salt Lake City, St. Louis, Chicago, Philadelphia, Washington, Nen-Orleans, Mexiko, Peru uud Chile und zuletzt durch die Mngellaustraße nach den großen Handelsstädten der Ostküste Südamerikas führte. Aus seinen Rcisebriefen, welche unter dem frischen Eindrucke des Gesehenen entstanden, ging das vorliegende gnt geschriebene Buch hervor. Der Verfasser richtet seinen Blick ans alles, was das Interesse eines scharfbeobachtenden und hochgebildeten Reisenden ui Ansprnch nehmen mußte, und kaum eiue Seite des privaten oder öffentlichen Lebens der neuen Welt giebt es, deren er nicht gedächte. Mit besondrer Vorliebe verweilt er bei der Lage der ausgewanderten Deutschen, bei dem Uuterrichtsweseu und der wirtschaftlichen Entwicklung der Staaten Amerikas. Von den Gebieten des politischen und sozialen Lebens hält er sich dagegen möglichst fern, auch vermeidet er es, allgemeine Betrachtungen anzustellen und Kritiken zu fällen. Wo er einmal ein Gescimturteil abgiebt, geschieht es mit einer alle Umstände erwägenden Vorsicht und Besonnenheit.
Jur Beachtung.
Mit dem nächsten beste beginnt diese Zeitschrift das 4. Quartal ihres 43. Jahrganges, welches durch alle Buchhandlungen und Postanstalten des In- und Auslandes zu beziehen ist.
preis für das «Quartal g Mark, wir bitten um schleunige Aufgabe des neuen Abonnements.
Leipzig, im September M4. Die vevlagshandlung.
Für die Redaktion verantwortlich: Dr. Gustav Wustmann in Leipzig in Vertretung. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Reudnitz-Leipzig.