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Notiz.
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Notiz.

Ein Hofer-Denkmal. Sollte es dazu nicht etwa schon zu spät sein? Bald drei Generationen sind seit jenen merkwürdigen Tagen dahingegangen, große historische Ereignisse haben die Welt ganz verändert, die dumpfe Periode, welche den Freiheitskriegen folgte und durch ihren Gegensatz recht eigentlich den Hofer- kultus erzeugte, ist ebenfalls schon lange, lange verschwunden, nüchterne historische Kritik ist dem Enthusiasmus gewichen, selbst in dein zähen Tirol ist das Gedächtnis an die Frauzvseukricge uud an Andreas Hofer halb verwischt, ja die Gebildeten des Landes selbst schwärmen am wenigsten für den zwar tapfern, aber doch nur bäuerischen Helden, die ihm im Raume nächsten sagten dem Kultus am frühesten ab man sollte meinen, daß nnter solchen Umständen ein Hoferdenkmal wohl zu spät komme? Denn selbst die Defreggerschen Bilder gewannen weit mehr eiu künstlerisches als politisch-patriotisches Interesse. L. A. Frcmkl ist andrer Meinung, er wird den Vormärz nicht los. Die Herausgabe seines Büchleins: Andreas Hofer im Liede (Innsbruck, Wagner, 1884) wird von ihm in der Vorrede mit den Worten motivirt:Was ich nun selbst im Dränge des Lebens unterlassen hatte snämlich ein ganzes Hoferepos!^ sollte von andern Poeten erfüllt nnd neben den in Farbe, in Marmor uud iu Erz ausgeführten Denkmalen auch eiues »im Liede« errichtet werden." Und wie stellt er dies an? Dadurch, daß er die vorhauduen Gedichte, ohne Rücksicht auf ihre Qualität, wenn sie sich nur auf Hofer beziehen, einfach zusammenstellt und überdies noch in den Zeitungen einen Aufruf an alle Vcrscmacher ergehen läßt, noch etwelche Gedichte auf Hofer zu machen. Als ob viele schwache Gedichte ein dichterisches Denkmal ausmachten! als ob nicht ein Meisterwerk, wie etwa das Mosensche (Zu Mantua in Banden) eine Bibliothek von Stümpereien aufwoge! als ob nicht jenes Lied, welches allüberall gesnngen wird, das wahre Denkmal wäre! Wenn Frcmkl wenigstens der Sache eine literar­historische Seite abgewonnen, die Gedichte wenigstens chronologisch geordnet hätte! Denn es sind nicht uuinteresscmte Studien, die man bei dem Verfolgen der Wanderung eines Motivs und seiner Auffassung dnrch den Strom der Zeit machen kann. Aber er hat eben nur anekdotischen und simpeln Sammlersinn. So stehen denn an die drei Dutzend Gedichte beisammen, höchst ungleichen Wertes, die im großen und ganzen nnr dafür zeugen, daß es eben nicht der Mühe wert war, sie zu sammeln, daß ein einziger großer Dichter mit einem Schlage den Wert und Gehalt einer bedeutenden Erscheinung darstellen kann, indes sich die Dilettanten mit den Nebensächlichkeiten abgeben und oft nicht genügende Kenntnis von dem Gegenstände haben, welchen sie behandeln. Am richtigsten urteilte Ad. Pichler in seinemMotto" über Hofer:

Zerrt und zaust am Eichcukranz um die blutige Schläfe: Wer gestorben wie du, zählt zu den Helden des Volks!

Mit dieser Auffassung, daß die große Art, mit der Hofer starb, sein Heldentnm einzig begründete, stimmt auch das Mosensche Lied, welches ihn auf dem Richtplatze darstellt. Und ein zweiter Gedanke von historischer Bedeutung tritt hinzu, daß die Zeitgenossen in Hofer einen Märtyrer für die deutsche Freiheit sehen:Gott sei mit euch, mit dem verrat'nen deutschen Reich und mit dem Land Tirol." Diese Auffassung herrschte Jahrzehnte lang nachher, wie dies aus Mitteilungen hervor-