Die deutsche Diaspora im Osten Europas»
u den interessantesten Themen geographischer Forschung gehört es unstreitig, der Verbreitung, dem Leben und der Arbeit des deutschen Volkes in seinen vielfachen Verzweigungen außerhalb der Greuzen des deutschen Reiches nachzugehen, und die Ergebnisse solcher Untersuchungen sind uns in der Regel umso willkommener, als sie meist geeignet sind, das Nationalgefühl zum Nationalstolz zu steigern. Eine gute, wenn auch nicht überall sehr tiefgehende Arbeit der Art liegt uus vor in der Schrift: „Deutsche Kolonien. Ein Beitrag zur bessern Kenntnis des Lebens und Wirkeus unsrer Landsleute in allen Erdteilen von Karl Emil Juug. Leipzig, Freytag, 1884," die in anspruchsloser Form ein reiches, mit vielem Fleiße und im ganzen auch mit kritischem Blicke zusammengetragenes Material enthält, und an deren Mitteilungen wir in den folgenden Berichten anknüpfen wollen.
Deutsche Kolonien in dem Sinne, wie es englische, niederländische, spanische und französische giebt, existiren zur Zeit nicht. > Im Mittelalter begannen wir Gründungen der Art in Siebenbürgen und in den Heidenländern der baltischen Küsten. Im siebzehnten Jahrhundert noch versuchte der Große Kurfürst an der Westküste Afrikas Niederlassungen zu schaffen, aber ohne dauernden Erfolg, obwohl er zur Unterstützung seines Unternehmens über eine kleine Flotte verfügte. Seitdem sind solche Versuche vielfach gewünscht worden, aber bis jetzt unterblieben, obgleich wir gegenwärtig und schon seit geraumer Zeit eine ansehnliche Seemacht besitzen. Möglich, daß sich im südwestlichen Afrika, etwa im Namaqualcmde, oder in der Südsee, wieder ansetzen läßt. Sonst befindet sich, wie es scheint, alles, was brauchbar und aussichtsvoll ist, bereits in andern Händen, und wäre in der That noch jenseits der Meere gute Ge- Grenzbvten III. 1834. 44