Auf der Leiter des Glücks. 573
Über die Alltagssorgen des Daseins hinausheben soll. Sie können denken, wie sehr ihm nnd mir daran liegen mnßte, sie ausfindig zu machen.
Die Oberin bedauerte, nicht viel mehr zu wissen, als daß Eiise in ihre» Papieren den Namen Elise Müller führe, in vcrschiednen dienstlichen Stellungen gewesen sei und ihren Berufspflichtcn mit Hingebung obliege. Sie fand es verwunderlich, daß Elise durch einen Besuch, der ihr jedenfalls doch nur Erfreuliches bedeuten könne, in Verlegenheit gesetzt worden sei. Als die Vorgesetzte Eliscns hielt sie sich für berechtigt, zu fragen, ob etwa andre Beziehungen als die erwähnten zwischen ihm und der jungen Person stattgefunden hätten und ob er entgegengesetzten Falles nicht für richtig halte, die Schenkung einem zuverlässigen Geschäftsmanne zu weiterer Überweisung anzuvertrauen?
Berthold gab zur Antwort, daß er nur sagen könne, er habe die ehrbarsten Absichten. Da Elise nur eine dienende Stellung bei seiner ehemaligen Braut eingenommen habe, so könne er natürlich weder Gelegenheit gehabt noch gesucht haben, sie anders als von fern zu sehen. Ihre damalige Hilfeleistung könne er aber selbst dann nicht niedrig anschlagen, wenn keine wirkliche Gefahr im Verzüge gewesen sein sollte, und vollends sei die Art, wie sie sich seinem und seines Vaters Danke entzogen habe, ein so lant redender Beweis für ihre Bescheidenheit und Uneigennützigst, daß er wohl bekenne» müsse, der Gedanke an seine Retterin habe ihn seitdem oft beschäftigt.
Die Oberin erwiederte ans diesen offnen Bescheid, sie könne für diesen Fall wohl annehmen, daß er bei einem nochmaligen Besuche das ja keineswegs ungebildete junge Mädchen zu bestimmen wissen werde, die Schenkung als eine wohlverdiente anzunehmen, wenn nicht für sich, so doch, was ihr ja zn statten kommen würde, für die Anstalt.
Am andern Tage hatte Elise denn auch ihre Fassung vollständig wiedergefunden. Sie schüttelte zwar den Kopf und errötete ein paar mal heftig, als in Gegenwart Bertholds die Oberin ihr auseinandersetzte, sie dürfe die Schenkung nicht abweisen; aber daß dieselbe der Anstalt zugewendet werde, darein willigte sie endlich, wenn auch nur mit Widerstreben.
Ich danke dir, und ich danke Ihnen, sagte die Oberin, als das Geschäftliche zwischen ihr und Berthold dann in guter Form erledigt war, uud sie entfernte sich, um ihren Schatz zn verschließen.
Elise wollte ihr folgen.
Was treibt Sie schon wieder fort? sagte Berthold; wollen Sie mir, nachdem ich Sie so lange gesucht, nicht einiges Vertrauen schenken und einigen Aufschluß über Ihre Herkunft, Ihre Schicksale, Ihre Zukunftspläne geben?
Die Diakonissin blickte nieder. Wozu? sagte sie.
Wozu? Weil ich es Ihnen ja doch zu danken habe, daß ich heute noch mn Leben bin, jedenfalls daß ich unwürdige Fesseln abgestreift habe.
Sie blickte ihn mit einem raschen Seitenblick an.