Contribution 
E. Geibels und F. A. v. Schacks sämtliche Werke.
Page
18
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

18

L. Geibels und F. A, v, Schacks sämtliche Werke.

daß der seltene Reichtum der Anschauung, des Geistes und der Formen, den diese Werke offenbaren, den Kreis der Genießenden und Verstehenden wesentlich erweitern werde. Beide Dichter, deren Lebensresultat in den Bänden dieser Gesamtausgaben vor uns liegt, haben ein gutes und volles Anrecht auf Wür­digung, ein umso volleres, als ihre Werke, auch die Geibels, ganz sicher nicht unter jene Literatur gezählt werden, welcher diezeitgemäße" Kritik das Prädikat derAktualität" erteilt. DieAktualität" hat bekanntlich den Begriff desZeit­gemäßen," mit welchem die jungdeutsche Tendenzkritik ihrer Zeit Unheil genug anrichtete, abgelöst, sie ist nur scheinbar synonym mit ihm, insofern dieselben Leute, welche vor einem Menschenalter mit großem Geschrei die Forderung des Zeitgemäßen" erhoben, heutzutage mit der Forderung derAktualität," des Aktuellen" hantieren. Auf dem Wege von der Tendenzliteratur zur Jndustrie- literatur hat sich die neueste Deutung desWirklichen und Wirksamen" voll­zogen. DasAktuelle" ist schlechthin dasjenige Element in der Produktion, aus dem sich ein großes Geschäft entwickeln kann. Es mag als Kriminalroman oder Berliner Posse, als Zeitsatire oder Gesellschaftslustspiel, selbst als Tragödie oder romantisches Epos auftreten, es mag das Walten des Geschlechts der Gründer und Stifter oder im Anschluß an diealtdeutsche Trinkstube" und die deutsche Renaissance der Gewerbekunst vergangnes Leben schildern, die Frage ist lediglich, ob es die Kosten der großen Reklame und berechneten Jnszenirung lohnt. Was zwei oder drei Auflagen in vier Wochen verspricht, was mit Trompeten­stößen und Paukenwirbel angekündigt werden kann, was große Tantiemen für den Autor und einen honetten Prosit für den literarischen Agenten in Aussicht stellt, das mag im übrigen so gut sein als es immer kann, oder so verächtlich als es immer will, es hatAktualität." Die gesammelten Werke auch des beliebtesten Dichters und Schriftstellers können sie schon darum nicht haben, weil sie von gestern und nicht von heute sind, für die Literatur aber, welche nachAktualität" strebt, für die Kritik, welche sie preist, und für das Geschäft, welches siefrukti- fizirt," giebt es nur ein Heute. Und wenn es schon tausendmal gesagt worden wäre, so muß es zum tauseudunderstenmale gesagt werden, wie verwüstend und das gesamte Leben verödend diese ganze Behandlung geistiger Angelegenheiten schon gewirkt hat und noch wirkt. Die Bildungsreste, welche aus besserer Zeit noch vorhanden find, die instinktive Empfindung für das Reine und Schöne, welche trotz alledem in großen Kreisen des deutschen Volkes noch lebt, das einfache Schanigefühl, welches an dem rein industriellen Betriebe und der in­dustriellen Ausbeutung des schaffenden Talents Anstoß nimmt, werden von den Verkündern derAktualität" systematisch bekämpft und, soweit es angeht, vernichtet. Wer es anders will, wer sich gegen die ungerechte Verteilung von Licht und Schatten in der literarischen Kritik erhebt, bei der alles Lob auf die modischen Macher der untergeordnetsten Klasse fällt und die äußerste Geringschätzung jeder wirklich poetischen Natur, jedes künstlerischen Gewissens zu Tage tritt, den darf