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Zur Vereinfachung des gegenwärtigen Strafvollzuges.
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Zur Vereinfachung des gegenwärtigen Strafvollzuges,

erreichte, will der heutige Strafvollzug durch Jsoliren in erster Reihe erziehen und hat sich zu diesem Zwecke ein System konstruirt, welches, ohne auch nur entfernt diesen Zweck zu erreichen, nur dazu führt, sich und andern Illusionen zu bereiten. Man isolirc aus sicherheitspolizeilichen Gründen gefährliche Verbrecher; man isolire jugendliche, relativ minder verdorbene Verbrecher, um sie dem Ein­flüsse erwachsener und gewohnheitsmäßiger Zuchthausbrüder möglichst zu entziehen und eine Ansteckung zu verhindern; man isolirc Schwächliche, mit körperlichen Gebrechen oder ekelerregenden Krankheiten Behaftete; aber die große, breite Masse der Gefangenen verschone man mit einem System, welches mit so großen Kosten verbunden ist und in der Hauptsache doch nur Heuchler erzeugt und die Rück­kehr in die Freiheit dadurch erschwert, daß der Jsolirte, künstlich zur Unselb­ständigkeit erzogen und halb und halb zum Idioten geworden, unfähig gemacht wird, mit andern in jener friedlichen Gemeinschaft zu leben, die gegenseitiges Unterordnen und Sichfügen erfordert. Man kann doch die Jsolirzelle den Ent­lassenen in die Freiheit nicht mitgeben.

Die Berücksichtigung dieser Vorschläge würde allein schon wesentlich dazu beitragen, den Strafvollzug zu vereinfachen und seine Kosten zu vermindern. Noch erfolgreicher aber wäre dieses Ziel zu erreichen, wenn man sich entschließen würde, für mehrfach Rückfällige ein besonderes Regime einzuführen. Bekanntlich rekrutirt sich der Bestand der Gefangenen bis zu 88 Prozent aus Rückfälligen, also aus Subjekten, die wiederholt dasselbe Verbrechen begangen und somit den vollgiltigen Beweis erbracht haben, daß frühere Erziehungsversuche im Gefängnis nutzlos waren und sie nicht befähigen konnten, ohne äußeren Zwang ein geordnetes Leben zu führen. Wie wäre es nun, wen» der Staat sich entschlösse, von einer gewissen Anzahl des Rückfalles an die Pforten der Freiheit für immer zu verschließen? Könnte man es eine ungerechtfertigte Härte nennen, wenn man Leute, die wiederholt Gelegenheit hatten, sich aufzuraffen und nach der Entlassung aus der Strafanstalt sich einer geordneten Thätigkeit zu widmen, aber im Sturme des Lebens immer von neuem Schiffbruch erlitten und vielleicht zum zehntenmale in die Gefangenschaft halb zog sie ihn, halb sank er hin zurückgekehrt sind, für die menschliche Gesellschaft ein für allemal dadurch unschädlich machte, daß man sie als Unverbesserliche stets in Gefangenschaft hielte, gleich geistig Irren, die unfähig sind, einen vernünftigen, selbständigen Gebrauch von dem sonst so kostbaren Gute der Freiheit zu machen? Wir wollen nicht allzu rigoros sein, meinen aber, daß z. B. ein Dieb, der zum viertenmale rückfällig geworden ist, niemals von der Sucht zu stehlen geheilt werden wird. Das Stehlen ist ihm entweder ange­boren oder zur Gewohnheit geworden. Der Mann will vielleicht, aber kann ohne dra­stischen Zwang nicht arbeiten, also auch nichts verdienen, diesen Beweis hat er wiederholt bis zur Evidenz geliefert. Weshalb nun von neuem das Experiment der Entlassung in die Freiheit an ihm versuchen, da man doch im voraus weiß, daß es mißlingen wird? Ganz zu schweigen von den Kosten der Unter-