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Ein neuer Kommentar zu Goethes Gedichten.
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Liu neuer Uouunentar zu Goethes Gedichten.

merkungen hätte Loeper unterdrücken, was für einen prachtvollen Kommentar hätte er schaffen können, wenn er nicht den Eigensinn gehabt hätte, überall etwas nenes und etwas andres bieten zn wollen, als seine beiden Vorgänger!

Doppelt überflüssig werden solche Notizen, wenn sie nicht einmal zutreffend sind, sondern den Leser womöglich irreführen. Bei dem GedichteLiebhaber in allen Gestalten" vergleicht der Herausgeber mit den Worten: Willst du bessre besitzen, so laß dir sie schnitzen! die Verse aus WielaudsClelia und Sinibald": Er ist aus keinem bessern Holz geschnitzt als andre Knaben. Das paßt doch wie die Faust aufs Auge. In der spöttischen Redensart:Laß dir einen schnitzen" oderLaß dir einen malen" ist doch au wirkliches malen und schnitzen gedacht, während in der Wielandstelle schnitzen nur bildlich gemeint ist, etwa wie iuWallensteins Tod" (II, 2): Mich schuf aus gröberm Stoffe die Natur. ImNeuen Pausias" macht Loeper zu demrohen Timanth." der sich an dem Blumenmädchen vergreift, die Bemerkung:Timanthes V. 65 gleichfalls Name eines griechischen Malers, dessen Bild »Opferung der Jphigenie« Lessing im Laokoon erwähnt, (. Blümner, S. 161 und 506.) Der Name bedeutet: Blumenfreund." Wozu in aller Welt hier diese Weisheit? Soll der Leser glauben, daß Goethe, als er dem rohen Nebenbuhler des Pausias den Namen Timanth gab, an den großen griechischen Maler gedacht habe? Armer Ti­manthes, wir wissen wenig von dir, aber so stellen wir uns dich doch nicht vor wie den Burschen, den daskreisend geschwungne Metall" des Pausias an den Schädel trifft!

Manche seiner Parallelen und Notizen wird der Herausgeber mit dem Schilde dervergleichenden Poetik" decken wollen, von der er in der Einleitung spricht. Wenn man nur wüßte, was man sich unter dieser Wissenschaft vor­stellen soll, und welche Aufgabe sie hat. Wir keimen eine vergleichende Sprach­wissenschaft, eine vergleichende Mythologie, sogar eine vergleichende Metrik. Alle diese Wissenschaften haben deu Zweck, ebeu durch Vergleichen die Urform zn finden, aus der die verglichenen Formen sich entwickelt und abgezweigt haben. Was will aber eine vergleichende Poetik, wie sie hier geübt wird, herausbringen? Anklänge zusammenzustellen, die ganz sicher nur der Zufall geschaffeu, das hat doch keinen andern Wert, als wenn man etwa in der Sprachwissenschaft, so wie es im vorigen Jahrhundert geschah, teu und Feuer oder «ä^ und Auge oder vuIZus und Volk mit einander vergleichen wollte.

Besondre Sorgfalt hat Loeper derjenigen Rubrik seiner Anmerknngen gewidmet, in der er die musikalischen Kompositionen Goethischcr Dichtungen ver­zeichnet. Mit einer eleganten Abwechslung, die bei seiner sonstigen Gleichgiltig- keit gegen stilistische Reize doppelt auffällt, hat er bei den meisten Gedichten am Schlnsse seiner Anmerkungen aufgezählt, wer alles sie in Mnsik gesetzt, für Musik gesetzt, komponirt, für eine Singstimme gesetzt, für Gesang gesetzt, für Gesang komponirt oder Mnsik dazu geschrieben hat. Ans Vollständigkeit machen diese