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Das Ministerium Gainbetta.
kann, eine Reorganisation der gegenwärtigen Jnstizeinrichtnng, und eS wird ein Plan anfs Tapet gebracht werden, der die Absetzbarkeit der Nichter sowie die Beseitigung gewisser Gerichtshöfe einschließt. Hier wird man sehr vorsichtig verfahren müssen, wenn die mit der strengen Unparteilichkeit des Richtcrstandcs eng verknüpften öffentlichen Freiheiten nicht beeinträchtigt werden sollen. Daß Gambetta, wie er andeutet, die Gedanken einer nationalen Erziehnng und einer Vervollständigung der Militärgesetzc festhält, konnte man im voraus wissen. Sehr erfreulich werden der Landbevölkerung die Versprechungen des Gambettascheu Programms seiu, uach welchen die Lasten, die ans den ackerbauenden Klassen liegen, nnd die, welche durch die Couseription für Heer und Flotte auferlegt sind, verändert werden sollen.
Unklar ist es, wenn ferner gesagt wird, die nene Regierung bezwecke daS „wirthschaftliche Regime der verschiedenen Gewerbe" durch Verträge zu fixiren nnd „den Mitteln der Prvdnetivn, des Verkehrs und des AnStauschcs einen lcbeudigereu Nutrieb und eine immer sich steigernde Entwicklung zu verleihen." Diese Worte können mehr enthalten, als sie ausdrücken. Alles kommt auf das Wie a». Vielleicht liegen sreihändlcrische Absichten darin, vielleicht auch nicht. Wie es damit steht, wird sich zeigen, wenn die Verhandlungen über den Handelsvertrag mit England wieder werden anfgenommen werden. Gainbetta selbst gilt für den Freihandel geneigt, aber die große Mehrzahl der Franzosen ist entgegengesetzter Ueberzeugung. Die Erklärung, daß das Cvueordat streug angewendet und vvu den Kirchen Achtung vor dem Staate erzwungen werden soll, gewinnt große Bedeutung, wenn man sie mit der Erueuuung Paul Berts zum Cultusminister zusammenheilt. Zum Schlüsse äußert Gambetta seineu Entschluß, im Innern die Ordnung nnd nach außen hin den Frieden anfrecht zn erhalten — Dinge, die jeder Minister verspricht, obwohl der Redner es hier aufrichtig zu meinen scheint
Im ganze» enthält das Programm Gambettas nichts nenes nnd überraschendes als die Weuduug, welche das Ministerium mit Frankreich idcntifieirt, was sich etwas eigenthümlich ansnimmt, wenn schließlich bemerkt wird, die Regierung werde znr Durchführnng ihrer Absichten des vollen nnd ganzen Ver- tranens „der Republikaner" in der Versammlung bedürfen. Die Thatsache ist richtig, aber eö würde folgerichtiger und dabei versöhnlicher und höflicher geklungen haben, wenn mau gesagt hätte, mau verlasse sich auf das gesammte Haus; deuu am Ende vertritt doch die Minorität ein volles Viertel der Wähler Frankreichs, iu dessen Namen Gainbetta regieren und refvrmireu will.
Sehen wir uns die Liste der Minister näher an, die Gambetta zu seiucu Gehilfen gewählt hat, so kann man das nene Cabinct als ein Cabinet von Jvnrnalistcn bezeichnen, dem ein Soldat, ein Seemann, ein Professor und ein Advoeat beigemischt sind. Anch das wäre nicht unrichtig, wenn man sagen wollte, noch vor wenigen Tagen hätte Gambetta die Mehrzahl seiner Collegen