Großdeutsche Geschichtschreibung.
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ßische Politik erhob, suchte er seine apologetischen Absichten zur Geltung zu bringen. Während er im preußischen Cabinet und Heere eine Fülle von Verrath und Bosheit, von Niederträchtigkeit und Zerstörungswuth sieht, ist auf Oesterreichs Seite in jenen Zeiten nur Edelmuth, Pflichttreue, Beharrlichkeit und die uneigennützigste Aufopferung für das undankbare Reich zu finden gewesen.
Sybel ist die Antwort hierauf nicht schuldig geblieben. Seit der literarischen Fehde, die er, wohl der bedeutendste unter den sogenannten kleindeutschen Geschichtsschreibern, mit Ficker, über die Bedeutung des alten Kaiserthums und dessen Segen für unsere Nation geführt, hat er mit Geist und Gelehrsamkeit und zugleich kühn herausfordernd seine Ansicht vertheidigt. Der Krieg von 1866 und die darauf folgenden Jahre des friedlichen Einvernehmens und endlich des freundschaftlichen Bündnisses mit Oesterreich begruben die vielbehandelte Frage. Hatte sie doch ihre praktische Bedeutung verloren.
Neuerdings hat nun Freiherr Langwerth von Simmern in einem aus zwei stattlichen Bänden bestehenden Werke, Oesterreichs Kämpfe gegen die französische Republik von neuem behandelt.*) Er hat für seine Arbeit keine archivali- schen Studien gemacht, sondern stützt sich auf die bekannten Darstellungen von Sybel, Häusser, Hüffer, Rankes „Denkwürdigkeiten des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg," Witzlebens Biographie des Prinzen Jostas von Coburg und vor allem auf die Publicationen Vivenots. Als Freund und Gesinnungsgenosse des letztern behandelt der Verfasser die Ereignisse, die er schildert, natürlich vom specifisch großdeutschen Standpunkte.
Er beginnt mit Friedrichs des Großen Angriff gegen die österreichische Monarchie. Der große preußische König ist dabei nicht gut weggekommen. Wenn der Verfasser auch großmüthig anerkennt (S. 41), daß bei Friedrich „seine ursprüngliche und bessere Natur oft durchschimmert", so wundert er sich doch (S. 36), daß es Leute giebt, in deren Augen Friedrich „eine Art von Nationalheld" werden konnte. Im folgenden werden uns Maria Theresia, Josef II. und Leopold charakterisirt und, nachdem das Verhältniß Preußens zu Oesterreich erörtert worden ist, die Veranlassung zu dem Kampfe gegen Frankreich erzählt. Die französische Revolution ist dem Verfasser nur ein „Hexensabbath"; die Antipathie gegen die Emigranten, die bekanntlich aus der Zusammenkunft in Pillnitz Capital für ihre Sache schlugen und möglichst viel zum Bruche der Mächte mit Frankreich beitrugen, erscheint ihm unbegreiflich. Preußen, so berichtet er weiter, hat Oesterreich erst in den Coalitionskrieg gegen den revolu-
*) Oesterreich und das Reich im Kampfe mit der französischen Revolution. Bon 1790 bis 1797. Bon G. Freiherrn Langwerth von Simmern. 2 Bände. Berlin und Leipzig, E. Bidder, 1380.
Grenzboten I. 1881. 13