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Das deutsche Judenthum in seiner Heimat.
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ihnen nicht gestattet, es sei denn, daß sie einen gelehrten Grad erlangten oder Kaufleute erster Gilde würden. Nichtsdestoweniger haben sich die Juden in be­deutender Menge bereits im Innern Nußlands angesiedelt. Aber die etwa 40000 Juden, welche in Moskau leben, siud immer unberechtigte Eindringlinge, die ihre Existenz gegen das Gesetz fristen, sie sind daher hier wie anderorts der Gnade der Polizei überantwortet, welche für die gestattete Verletzung der Ge­setze von ihnen eine willkürliche Steuer erhebt. Dort pflegt in den Judenquar­tieren, in den Handlungshänsern, Werkstätten, Fabriken plötzlich Nachts die Polizei zu erscheinen mit der lärmenden Erklärung, sie habe erfahren, daß hier Juden wohnten. Die Einwohner werden nächtlings ins Polizeiamt geschleppt, um sich dort durch Bestechung von der Ausweisung loszukaufen, bis irgend eine neue Gelegenheit oder ein neuer Polizeibeamter das..Bedürfniß wachruft, die Jagd zu erneuern.

Während die Juden aber in Rußland die Stellung von Verbannten ein­nehmen, genießen sie in ihrer polnischen Heimat einer freien Selbstverwaltung, die für manche andere Unterthanen des Zarenreiches von hohem Werth wäre. Den Juden hat diese Freiheit indessen keinen Nutzen gebracht. Arm, unwissend, in die engen Schranken ihrer religiösen Vorschriften geistig und leiblich einge­zwängt, so bilden sie einen schädlichen Bestandtheil der örtlichen Bevölkerung und eine gefährliche Macht für die angrenzenden Länder. Ich will dem Leser die unmittelbaren Beobachtungen vorlegen, welche ich in jenen Land­strichen gemacht habe.

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Auf einer Station der Libauer Eisenbahn verlangte ich nach PostPferden, um meinen Weg abseits von dem Schienengeleise fortzusetzen. Der PostHalter erschien und fragte mich, ob ich wohl bereit wäre in meinen Wagen noch einen Reisenden aufzunehmen, welcher an denselben Ort wie ich zu gelangen wünschte. Da ich einwilligte, so ward mir ein Mann von jüdischer Gesichts­bildung, in kostbares Pelzwerk gehüllt, vorgestellt, mit welchem ich mich alsbald in Bewegung setzte. Der Mann sprach gutes Deutsch und zeigte Wohlhabenheit und auch einige Bildung. Kaum wareu wir eine halbe Stunde gefahren, so bat er mich anhalten zu lassen und stieg aus um in einen elenden jüdischen Krug zu gehen, der am Wege lag. Als er wieder heraustrat, sagte er mir, er habe sich an einem Schnaps und einem Stück Schwarzbrodes gestärkt. Ich sprach meine Verwunderung aus, daß er seinen Hunger nicht auf der Eisen­bahnstation gestillt habe, wo wir zwei Stunden lang gesessen und eine gute Küche mich reichlich gesättigt hatte.Sehen Sie, sagte er, das darf ich nicht, denn ich bin Jsraelit. Wenn ich auch sehr weit von hier als wohlhabender