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setzt. Diese sieben Artikel hat das Herrenhaus unverändert angenommen. Da an der königlichen Genehmigung des übereinstimmenden Beschlusses beider Häuser nicht zu zweifeln ist, so wissen wir nun, daß wir ein Gesetz und welches Gesetz wir bekommen werden.
Ist an dem Gewonnenen gewonnen oder verloren? Ist an dem Verlorenen verloren oder gewonnen?
Der Zusammenhang des Gesetzes zunächst hat nicht gelitten, denn die Vorlage bildete von Haus aus kein organisches Ganze, sondern eine Reihe zusammenhangsloser Bestimmungen. Man hätte ebenso gut — und es würde dies sogar seinen Nutzen gehabt haben — statt eines Gesetzes von elf Artikeln elf Vorlagen von je einem Artikel einbringen können.
Was nun geblieben, das ist vor allen Dingen ganz unschädlich, rüttelt nicht an der Maigesetzgebung und kann nur von Narren als die erste Station nach Canossa erklärt werden. Da sind zuerst die drei Artikel ohne Endtermin. Der eine bestimmt, daß fortan die Staatsbehörde nur auf Unfähigkeit zur Ausübung eines Kirchenamts, nicht auf kirchliche Erledigung desselben erkennen kann. Eine praktisch gleichgiltige, aber theoretisch — und die Theorien der Lebensmächte wollen auch geehrt sein, was nur Thoren verkennen — sehr correcte Bestimmung. Da ist ferner ein Artikel, welcher bestimmt, daß Amtshandlungen in verwaisten Pfarrbezirken von ordnungsmäßig angestellten Geistlichen aushilfsweise vollzogen werden dürfen, sofern aus der Handlung nicht die Absicht des Vollziehers erhellt, den Pfarrbezirk regelwidrig, d. h. ohne staatliche Genehmigung, zu usurpiren- Bei diesem Artikel haben fast alle Redner bemerkt, daß die Gesetzesbestimmungen schon bisher von den Gerichten nie anders hätten angewendet werden sollen als im Sinne dieses Artikels. Der dritte Artikel endlich gestattet den über die geistlichen Genossenschaften Aufsicht führenden Ministern, neue Niederlassungen der Krankenpflegeorden unter gewissen Umständen zu erlauben. Aber diese Niederlassungen unterliegen der Staatsaufsicht und können durch königliche Verordnung jederzeit aufgehoben werden.
Nun kommen die Artikel, die Ende nächsten Jahres wieder erlöschen sollen. Nach dem einen kann das Staatsministerium Bisthumsverwesern den Eid erlassen, welcher Gehorsam gegen die Staatsgesetze verspricht; nach dem anderen kann die Einleitung und Fortdauer der commissarischen Vermögensverwaltung in einem erledigten Bisthume einstweilen nur durch das Staatsministerium, nicht durch den Oberpräsidenten angeordnet werden; nach dem dritten kann das Staatsministerium die Wiederaufnahme eingestellter Staatsleistungen an die Träger kirchlicher Aemter für den Umfang eines Sprengels anordnen, ohne daß diese Träger alle gesetzlichen Bedingungen erfüllt haben, durch die sie zum Empfcmg der Staatsleistungen berechtigt find.