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Zum Gedächtnis Victor Emanuels : (✝den 9. Januar 1878) : (Schluß.)
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des Königshauses, dem Begräbniß beizuwohnen kam, erregte kein Aufsehen, wenn auch seine Anwesenheit, gleichsam als Symbol der vollen Versöhnung zwischen Oesterreich und Italien, mit Beifall aufgenommen wurde. Desto tieferen Ein­druck machte es auf die italienische Nation, daß der Erbe des deutschen Reiches persönlich gekommen war, seinem Freunde, dem neuen Könige, die Theilnahme seines kaiserlichen Vaters und des deutschen Volkes zu beweisen. Vom Könige wie vom Volke mit lebhaften Sympathie-Bezeugungen empfangen, legte er an der Leiche Victor Emanuels, die inzwischen in der vdawdrs s-räsnw aufgebahrt war, im Namen des deutschen Kaisers einen goldenen Lorbeerkranz nieder. Kein religiöses Symbol schmückte den schwarz ausgeschlagenen Trauersaal, kein Priester wachte bei der Leiche. Dagegen fluthete eine endlose Menge von Personen jedes Standes, Alters und Geschlechtes nicht weniger als 146000 in den paar Tagen aus und ein, um einen letzten Blick auf die sterbliche Hülle des verehrten Königs zu werfen.

Das Erbbegräbnis^ der Könige von Sardinien war die Gruftkirche der Superga, deren Rundbau hoch vom Gipfel der nahen Hügelkette auf ihre alte Hauptstadt herabschaut. Dorthin sollten auch Victor Emanuels Reste gebracht werden. Als aber ein römisches Blatt hervorhob, daß der König von Italien in der Reichshauptstadt ruhen müsse, damit sein Grab dem Vaterlande heiliger sei und die ganze Nation sich um ihn versammle, erkannte König Humbert so­fort die Richtigkeit des Gedankens und beschloß, trotz des Einspruchs der Turiuer und seiner nächsten Verwandten, die Beisetzung in Rom.

Es gelang, den Papst dahin zu bringen, daß er das Begräbniß im Pan­theon bewilligte, trotz des Widerspruches der intransigenten Cardinäle. Dagegen fetzten es die letzteren durch ihre Vorwürfe und Drohungen bei dem todkranken Greise durch, daß er nur die einfache Einsegnung und Beisetzung ohne alle weitere kirchliche Feier gestattete und dem Klerus des Pantheons verbot, der Bittformel: ^.dsolvs, Dowins, auiinain taiQuIi tut Vietorü, Dinluraslis rs^is ein ItMg,0 oder rwstri hinzuzufügen.

Der Leichenzug, der sich in den Morgenstunden des 17. Januar aus dem Thore des Quirinals in weitem Bogen auf einem drei italienische Meilen langen Wege nach dem Pantheon bewegte, war vielleicht die großartigste Schaustellung dieser Art, welche die Welt gesehen hat. Außer dem Militär, den höchsten Staatsbehörden und Hofchargen, den fremden Diplomaten, den zur Feier her- gekommenen Prinzen und Abgesandten der Höfe befanden sich dabei die 2700 Deputationen sämmtlicher Städte der Halbinsel. Nur der Stand, der bei solcher Feier sonst die erste Rolle spielt, war'einzig durch acht Priester vvu der Pfarrkirche des Quirinals in schmutzigen Gewändern vertreten. Daß mau diese wenigen Priester überhaupt herbeigezogen, war eine Tactlosigkeit der bigotten