Beitrag 
Die Venus von Milo :
(Schluß.)
Seite
72
Einzelbild herunterladen
 

Lage sich auszudenken und die Bewegung von ihr aus bis zu diesem Moment, und von diesem Moment weiter fortzubilden, und über dieser reizvollen Compli- cation thront in erhabener Ruhe der schöne, nur wenig nach der Seite geneigte Kopf, die fest auf einen bestimmten Punkt, mit etwas gesenkten Lidern energisch blickenden Augen, der wie zu einem ersten Laut, zum Anfang eines Wortes leise geöffnete Mund, die hoheitsvolle Stirn. Und alle diese Bewegung nnd die sie beherrschende Ruhe sind nur der gemeinsame Ausfluß eines Gefühles, einer Empfindung, welche von außen veranlaßt, die Seele des edlen Weibes mächtig aufregt und in kräftigem Wellenschlag alle Glieder durchdringt und jedes nach seiner Art bewegt, aus jedem die Antwort hervorlockt, die es nach seiner Stel­lung im Ganzen, nach der Eigenart seines Baues und seiner Functionen geben muß. Dies zu können ist aber nur Sache des großen Meisters, und als solchen lobt den Namenlosen sein Werk, die hohe Frau von Milo.

Die neuen (Lhoxin-Ausgaben.

Abermals sind die Werke eines großen Tondichters aus den Banden des Monopols befreit: Mit dem gestrigen Tage, dem 1. Januar 1880, ist die ge­setzliche Frist von dreißig Jahren, die nach dem Todesjahre eines Autors ver­strichen sein muß, ehe das Privileg des ersten Herausgebers seiner Werke er­lischt, sür Friedrich Chopin abgelaufen, und jedermann hat das Recht, von heute an Chopins Werke zu drucken nnd zu verkaufen (Chopin f d. 17. Oetober 1849 in Paris). Die entfesselte Conmrrenz scheint denn auch mit einem im deutschen Buch- und Musikalienhandel noch nie dagewesenen Wetteifer auf das losgelassene Beutestück Jagd machen zu wollen oder vielmehr schon Jagd ge­macht zu haben. Denn selbstverständlich beginnt keiner, der in die Rennbahn mit einzutreten gedenkt, etwa heute erst den Druck seiner geplanten Ausgabe. Nein, die Herstellung derselben ist längst in aller Stille besorgt, und mit dem heutigen Tage erscheint die Waare fix und fertig auf dem Markte. Wenn wir recht unterrichtet sind, so treten heute a, tvmxo zwölf oder dreizehn Musikalien-

Verleger ....... d. h. noch einige mehr als vor zwei Jahren beim Freiwerden

Mendelssohns, des populärsten Komponisten der Neuzeit mit neuen Chopin- Ausgaben ans Tageslicht, darunter einer beträchtlichen Anzahl eompletter Aus­gaben, die sämmtliche Werke Chopins umfassen werden.

Niemand ist naturlich heute schon in der Lage, über diese Ausgaben ein Urtheil abgeben zu können. Wir behalten uns vor, an einem möglichst bekam-