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Deutsche Kirchen und Schulen zur Reformationszeit.
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böte, und einer einfachen deutschen Erzählung war er gar uicht fähig. Sechs Jahre lang hatte er kein Buch angesehen, sondern drei Jahre Pferde und Acker­werk, die übrige Zeit den Beruf eines Tischlers traktirt. Für die Pfarre zu Bodnitz meldete sich ein von den Visitatoren im Plauenschen bereits abgesetzter Papist, das uneheliche Kind eines Landgeistlichen. Das Zusammenleben mit Konkubinen war auch hier nichts Seltenes. Man traf unter den Geistlichen Lahme und Verstümmelte, wie den Pfarrer in Reichardsdorf, der nur eiueu Arm hatte. Die Gemeinden waren durch den Bauernkrieg verarmt und ver­wildert. Viele hatten Hand an das kirchliche Inventar gelegt, Kelche und Monstranzen verkauft und den Erlös vertrunken oder zur Bezahlung von Straf­geldern und Steuern verwendet. Selbst die Städte waren zu arm, um Geistliche und Schulen aus eignen Mitteln erhalten zu können, so Neustadt, Saalfeld, Orlamünde, Pösneck und Jena; in letzterer Stadt hatte der Rath das gescunmte Kirchensilber zu Kommunalzwecken veräußert. Nur dadurch, daß man das Ein­kommen der in jenen Städten aufgehobenen Klöster in den gemeinen Kasten schüttete, war die Erhaltung der Geistlichen ermöglicht. Fast überall waren die Pfarrer hier so kärglich besoldet, daß man erst bei der Visitation von 1533 das Einkommen vieler auf jenem Wege auf 40 Gulden brachte.

Ungleich entwickelt zeigten sich die kirchlichen Verhältnisse in Leißnig, Colditz, Grimma und Eilenburg. Wo hier die Macht der Kloster Einfluß behalten, fanden die Visitatoren Vieles auszusetzen. So in Leißnig, wo das Kloster Buch das Patronatsrecht auszuüben versuchte. Die Bürger hatten sich hier frühzeitig der Reformation zugewendet, und man wehrte sich einmüthig gegen den Abt, der römisch gesinnt war. Aber der Geistliche Heinrich Kindt, ein ans jenem Kloster entwichener Mönch, war als unwissender alter Mann für sein Amt so wenig befähigt, daß er selbst um seine Eutlassung bat. Er trug bei kirchlicheu Handlungen nicht einmal priesterliche Kleider und verwendete gar zu wenig Zeit auf die Auslegung des Evangeliums und der Sonntagsepistel. Wenig günstiger stand es in den übrigen Orten der Parvchie Leißnig, in der 9 Mntterkirchen mit 56 Ortschaften, unter denen nur 3 Tochterkirchen, mithin 53 eiugepfarrte Dörfer oder Einzelhöfe, zum Theil weit von der Kirche entlegen, bestanden ein sehr ungünstiges Verhältniß. Die Geistlichen wurden etwa zur Hälfte untauglich befunden. Der Pfarrer in Gersdorf hatte sich seine Stelle käuflich erworben, der in Altleißnig erst vor kurzem dem Papismus den Rücken ge­wandt, in Wendishain war der Geistliche Papist und Lutheraner zugleich uud hatte sein Amt sieben Jahre lang durch Miethlinge versehen lassen, da es ihm mehr um die Zinsen als um die Seelen zu thun war". Vielfach wurden Geistliche wegen Sittenlosigkeit, Votieret und Unzucht abgesetzt, so in Altenhain, Sachsendorf, Deuben, Köhra und Hohenheida. Der Pfarrer in Sprottau wurde