Msmarck in Wien.
So wird man in der Geschichte einst das Ende einer großen Entwickelungsepoche und den Beginn einer neuen Zeit bezeichnen, einer neuen Zeit für Deutschland und das ihm benachbarte und verwandte Oesterreich-Ungarn. Die Anwesenheit unseres Reichskanzlers in der Kaiserstadt an der Donau sah anfänglich und oberflächlich betrachtet so wenig absichtlich, so natürlich aus , sie war eine Etappe auf der Rückreise von seiner gewöhnlichen Gasteiner Badekur, eine Erwiederung des Besuches, deu der österreichisch-ungarische Minister des Auswärtigen ihm während der letzteren abgestattet; und doch, wenn mau eiuen Blick in die Vergangenheit zurückwarf, und wenn man die Signatur der Gegenwart prüfte, welche weitreichende Bedeutung hatten diese Tage! Sie waren ein Ereigniß ersten Ranges, der segensreiche Enderfolg einer langen Reihe von Gedanken und Bestrebungen des geniale» Geistes, der die Politischen Geschicke Deutschlands lenkt, das Siegel auf eiu großes, viel verheißendes Versöhnungswerk, welches alle verständigen Deutschen seit Jahren ersehnten, welches bis auf die letzte Zeit vielfach bedroht und zu vereiteln versucht worden war und nun, wie wir znversichtlich hoffen dürfen, endlich gelungen und für alle oder, da Menschliches immer dem Wechsel unterliegt, für lange Zeit sicher gestellt ist.
Bismarck in Wien und sein dortiger Empfang, sein dortiges Wirken bedeuten den Abschluß eines weltgeschichtlichen Prozesses, der, in seiner zweiten Hälfte vom Deutschen Kanzler eingeleitet, vom Grafen Andrassy konsequent gefördert, die beiden Hauptmächte Mitteleuropas in die rechte Stellung zu einander und daun auf die rechten Wege zu bringen bestimmt war, und der als letztes Ziel die endgiltige Sicherung des Weltfriedens im Auge hatte.
Betrachten wir kurz den Ausgangszustand und die Stationen dieser Entwickelung der Dinge. Deutscher Bund mit zwei Großmächten, die verschiedene Ziele haben, und von denen die eine ungefähr so stark wie die andere ist, ein
Wagen, der voru und hinten mit Pferden bespmmt ist, Anstreuguugen dahin, Grmzbvten IV. 1879. ' 1