- 380 —
Fall ihrer Ermordung. Eine Art Verhör, das sie vor dem großen Rathe der Nation zu bestehen hatten, hatte zweifelhaften Erfolg. Nach Huronensitte vor Sterbefällen und Hinrichtungen feierten sie mit einem den Nachbarn gegebenen Schmauße ihr Abschiedsfest, und von jetzt an ließ wunderbarerweise die Verfolgung nach, man hörte Stimmen zu ihren Gunsten, und die Nachbarn wandten weniger ängstlich die Blicke von ihnen ab. Sie schrieben diese Veränderung der Vermittelung des heiligen Joseph zu, dem sie eine neuntägige Andacht gelobt hatten. Aber noch mehrere Jahre äußerte sich der Verdacht und Haß, den sie sich zugezogen, durch Bedrohungen und Angriffe von Seiten Einzelner, doch immer entwaffneten sie die Jesuiten im entscheidenden Augenblicke durch ihre Kaltblütigkeit.
Mit der Zeit gestalteten sich die Verhältnisse noch besser, und im Jahre 1638 hatten die Jesuiten etwa sechzig erwachsene Indianer getanft und auch beim katholischen Glauben erhalten. Das hatte freilich schwere Mühe gekostet; denn bei den Bekehrungen war das Ausrotten schwieriger als das Pflanzen. Die Fassungskraft der Wilden war keineswegs mangelhaft, im Gegentheil, sie waren, wie der Jesuit Chaumonot behauptet, intelligenter als die französischen Bauern. Es war die träge Masse von Stolz, Sinnlichkeit, Gleichgiltigkeit und Aberglauben, welche der Wirksamkeit der jesuitischen Heilspredigt im Wege stand. Bald stellte sich heraus, daß es leichter war, einen Huronen zu bekehren, als ihn beim Glauben zu erhalten; denn erwies sich das Christenthum nicht als gute „Medizin" gegen Unglück aller Art, so erlahmte der Eifer der Getauften, und wenn ihre heidnisch gebliebenen Nachbarn ihnen dann noch sagten, nun würden sie kein Wild mehr schießen, oder nun werde ihnen das Haar ausfallen, oder im Himmel der Franzosen gebe es keinen Tabak, so war es kein Wunder, wenn sie völlig erkalteten und dann abfielen. Bei ihren Bekehrungsversucheu verfuhren die Väter übrigens immer politisch. Nie nahmen sie den Ton der Ueber- legenheit und des Befehlens an. Sanftmuth, Güte und Geduld waren die Regeln ihres Verkehrs mit den Heiden, und weit entfernt, sie als Barbaren zu behandeln, verfuhren sie mit ihnen durchaus wie mit Ihresgleichen. Die Hauptbekehrungsmittel, die sie anwendeten, sind sehr bezeichnend. „Schickt mir ein Bild Christi ohne Bart," schreibt Garnier nach Frankreich, „und etliche heilige Jungfrauen." Dann will er eine Auswahl „verdammter Seelen", wogegen von den „seligen Seelen" ihm eine genügt. Besondere Anweisungen werden in dem Briefe hinsichtlich der Teufel, Drachen, Höllenslammen und ähnlicher vorzüglich wirksamer Kunstwerke ertheilt. Alle Bilder sollen das ganze Gesicht, nicht blos das Profil zeigen. Dabei müssen sie den Beschauer mit offenen Augen gerade ansehen. Die Farben müssen lebhaft sein, auch dürfen