Naturvorgänge, indem sie dieselben auf gewisse Lagen- und Bewegnngsverhält- nisse zurückführt. Alle qualitativen Verschiedenheiten der gegebenen Erscheinungen bestehen für sie in quantitative« Unterschieden der Zusammensetzung, der Lagen, der Gleichgewichts- und Bewegungsverhältnisse. Wäre nun die Theorie des Materialismus richtig, so müßten die geistigen Vorgänge an die Atome gebunden sein und in gewissen Bewegungen bestimmter Stoffe bestehen. Ob dies der Fall sei, die Beantwortung dieser Frage bildet den Gegenstand der folgenden Abschnitte: „Bewegung und Empfindung", „Stoff und Kraft", „Die Einheit des Bewußtseins".
Empfindung ist Bewegung — in dieser Behauptung können wir die Grundanschauung des Materialismus erkennen. Dieselbe ruht zuvörderst auf einem theoretischen Irrthum, der weit verbreitet ist; auf dem Irrthum nämlich, daß die Bedingungen eines Phänomens dem Phänomen selbst gleichen müssen, daß also, weil den Sinnesempfindungen Schwingungen äußerer Medien und Bewegungszustände in den betreffenden Organen vorausgehen, die Empfindung selbst Fortsetzung und Abschluß jener Bewegung, also ebenfalls Bewegung sei- Aber auch abgesehen von diesem Trugschluß, mit dem die These des Materialismus operirt, ist diese unhaltbar. Sie sieht in dem Gedanken die Bewegung einer Hirnfaser, diese ist also Trägerin des Gedankens, so lange die Bewegung währt. Nun schließt aber Bewegung im Sinne der modernen Mechanik keine innere Veränderung des sich bewegenden Elements ein, vielmehr schließt sie eine solche gerade aus. Bewegung bringt nur eine änßere Veränderung der Lage hervor. Und diese wieder kann sür das sich bewegende Element nur dann von wesentlicher Bedeutung sein, wenn es durch sie der, sei es mechanischen, sei es chemischen, Einwirkung andrer Stoffe ausgesetzt wird. Denn die bloße Veränderung des Orts kann ebensowenig eine innere Veränderung erzeugen, als dies der Akt der Bewegung vermag. Die Bewegung als solche läßt das Wesen eines Dinges unberührt. Dagegen ist es für die geistigen Zustände charakteristisch, daß sie qualitativ bestimmt sind. Daraus folgt, daß ein geistiger Zustand kein Bewegungszustcmd ist, daß vielmehr beide unter einander gänzlich unvergleichbare Vorgänge sind. Lotze sagt in seinem Mikrokosmus mit Recht: „Wie weit wir auch den eindringenden Sinnesreiz durch den Nerven verfolgen, wie vielfach wir ihn seine Form ändern und sich in immer feinere nnd zartere Bewegungen umgestalten lassen, nie werden wir nachweisen können, daß es von selbst in der Natur irgend einer so erzeugten Bewegung liege, als Bewegung aufzuhören und als leuchtender Glanz, als Ton, als Süßigkeit des Geschmackes wiedergeboren zu werden. Immer bleibt der Sprung zwischen dem letzten Zustande der materiellen Elemente, den wir erreichen können, und zwischen dem ersten Aufgehen der Empfindung gleich groß."