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Goethe und Maximiliane La Roche.
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nach Weimar, dies alles wird berührt. Und dazu athmen diese Briefe wieder jene hinreißende Frische und Anmuth, die uns auch in den Briefen anGustgen" Stolberg, an das Buff'fche Haus in Wetzlar, anTäntgen" Fahlmer u. a. immer und immer wieder aufs neue entzückt.

Noch aber ist damit der eigentliche Angelpunkt der Briefe nicht erwähnt. Es ist kein Zweifel, daß das, was den Briefwechsel zwischen Goethe und Sophie La Röche so lebendig erhielt, das gemeinsame Interesse der beiden Korrespondenten an Sophiens älterer Tochter Maximiliane war. In das Verhältniß Goethe's zu Maximiliane, welches bisher eine ziemlich dunkle Partie im Leben des Dichters war, eröffnen uns die Briefe zum ersten Male einen klaren Einblick. Frau von La Röche hatte zwei Töchter, Maximiliane und Luise. Die ältere war, als Goethe im September 1772 sie zuerst in Ehrenbreitstein sah, sechzehn Jahre alt und, wie Goethe inDichtung und Wahrheit" sie schildert, eher klein als groß von Gestalt, niedlich gebaut, eine freie anmuthige Bildung, die schwärzesten Augen und eine Gesichtsfarbe, die nicht reiner und blühender gedacht werden konnte". Zwei Jahre früher hatte schon Georg Jacobi davon geträumt, sie einst als Gattin heimzuführen. Wenigstens schreibt Wieland am 15. November 1770 an Gleim:Unser Jacobi will sich eine Gemahlin beilegen, und er wünschte, daß es die Tochter meiner werthen Freundin La Röche sein könnte. Wirklich ist die kleine Max ein ganz reizendes Mädchen; wer sie davon­trägt und ein Herz und eine Denkungsart hätte wie unser Jacobi, würde alle Reizungen ü, 1s. Srse^uk mit alleu soliden Eigenschaften und Tugenden einer guten Frau in ihr besitzen." Kaum hatte Goethe sie gesehen, der damals eben von Wetzlar kam, wo er vor Lotte geflohen war, so fühlte er sich, wie er selbst erzählt,gar bald besonders angezogen", und als ob er den damaligen Vorgang in seinem Herzen, da er sich noch manchmal wiederholte, hier ein für allemal ^ begreiflich machen wollte, fügt er hinzu:Es ist eine sehr angenehme Empfindung, wenn sich eine neue Leidenschaft in uns zu regen anfängt, ehe die alte noch ganz verklungen ist. So sieht man bei untergehender Sonne gern auf der ent­gegengesetzten Seite den Mond aufgehen und erfreut sich an dem Doppelglanz der beiden Himmelslichter." Gleich in dem ersten Briefe, den er, nach Frankfurt zurückgekehrt, an die Mutter richtet, gedenkt er denn auch der Mädchen, aber er faßt die Schwestern hier beide noch zusammen:Mit welchem ganzen Gefühl sehen Sie zween Töchter unter Ihren Augen werden, die, wenn sie Ihnen nicht alles sind, doch alles sind, was die liebe Gottheit Sterblichen von Glückseligkeit zu schencken vermag."

Im August 1773, unmittelbar nach dem Erscheinen desGötz", war Maximiliane mit ihrer Mutter auf einige Tage zum Besuch in Frankfurt, und hier begegnete ihr Goethe zum zweiten Male. Die Freude über dies Wieder-

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