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Weihnachtsbücherschau.
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namentlich auchder Kindesmörderin"; sie werden durch jede Illustration nnr noch komischer, als sie ohnehin sind. Und man lasse den Herausgeber einzig nnd allem darüber entscheiden, welche Gedichte der dritten Periode eine Illu­stration vertragen.Der Spaziergang" z. B., der in beiden illustrirten Aus­gaben durch eine Landschaft, mit Schiller als Staffage, dargestellt ist, läßt sich für jeden, der dieses Gedicht, eine der edelsten kulturphilosophischen Schöpfungen der deutschen Sprache kennt, oder auch nur flüchtig gelesen hat, mit nichten durch eine Landschaft illnstriren.

Noch einmal kommen wir zum Schlüsse auf Jugendliteratur zurück, um nachzutragen, was uns feit Beginn unserer Weihnachtsbücherschau nach­träglich eingesandt worden ist. Da ist zunächst noch glücklich und zur rechten Zeit vor dem Feste ein Unternehmen in seiner ersten Serie erschienen, das einem wirklich tiefgefühlten Bedürfniß mit feinem Verständniß zu genügen verspricht. Einmüthig hat die Deutsche Presse, auch in ihren pädagogischen Fachzeitschriften und streng kritischen Organen den glücklichen Gedanken Sieg­srieds beglückwünscht, die erzählenden Dichtungen unserer deutschen Klassiker der Mädcheuwelt zu erschließen. Allerseits ist auch die Ausführung dieses Gedankens und die Ausstattung, welche die Verlagshandlung von F. W. Grunow in Leipzig diesen Mädchen buch ern gegebeu, rühmend anerkannt worden. Nur das Eine schien zu tadeln: Daß jedes Jahr nur ein einziger Band zu dieser prächtigen Bibliothek sich gesellte. Mit Besorgniß mochte der sorgsame Hausvater die Frage erwägen, was die Aelteste lesen solle, bis Siegfried von neuem seinen Jahrestribut leiste. Nuu ist die brennende Frage gelöst durch Siegfrieds Mädchenbibliothek, von welcher zunächst die erste Serie in füuf elegaut kartonnirten Miniaturbündchen, vorliegt. Auswahl, Einführung, Darstellung des Gebotenen ist mit demselben erlesenen Geschmack besorgt, wie die größeren illustrirten Mädchenbücher. Den Grundstock der Bibliothek bilden auch hier Erzählungen. Das erste Bündchen enthält deren zwei von Goethe: Ferdinand uud die schöne Lilie; das zweite die Katakomben von Fr. Jacobs; das dritte den Bildschnitzer von Tirol von G. Döring; das vierte das Epos die Abassiden von Platen; das fünfte das Schauspiel Friedrich KindsVan Dycks Landleben." Aber neben diesen Hauptbestandtheilen jedes Bändchens bietet der Verfasser unter dem TitelAehrenlese" am Schlüsse eine Fülle der Anregung aus alleu Gebieten des Wissens; auch hier lehnt sich der Verfasser an die Gedankenarbeit mustergültiger Vorbilder an. Das erste Bändchen bietet als Aehrenlese Briefe Friedrich Schiller's; das zweite fünfzig Sprüche und Stellen der bedeutendsten Männer, Schriftsteller und Weltweisen aller Zeiten nnd Völker; das dritte Naphaels Schatten von Michael Beer; das vierte die Lebensregeln von Platen; das fünfte in Gesprächsform die Beurtheilung des Kind'schen Schauspiels, das den Hauptbestandtheil des Bäudchens bildet. Für heute, im Dränge der Festvorwochen, mag es an dieser kurzen Ankündigung genug sein. Wir werden jedenfalls noch oft Gelegenheit haben, auf das treffliche Unternehmen zurückzukommen.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. HanS BlUM in Leipzig. Verlag von F. L. Herdig in Leipzig. - Drnck von Hüthrl ck- Hrrrmonn in Leipzig-