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Der Wortlaut dieser Bestimmung, so führen die „Motive" aus, hat die Rechtsprechimg genöthigt, dem die Kosteuerstattung begehrenden Ortsarmenverbande den Beweis der Negative aufzuerlegen, daß ein Untersttttzungswohnsitz nicht vorhanden ist. Dies zu beweisen, ist stets schwierig, hänfig unmöglich, besonders wenn es sich um unbekannte verstorbene Personen handelt, oder — setzen wir hinzu — um Personen, bezüglich derer der speziellen Umstände wegen sich durchaus nichts feststellen läßt, wie z. B. bei ausgesetzten neugeborenen Kindern, anfgegriffenen Taubstummen, Blödsinnigen und dergl. In all' solchen Fällen hat das Bundesamt für das Heimatwesen bis auf die neueste Zeit in ständiger Judikatur den Gruudsatz festgehalten, daß die Erstattungspflicht der Landarmenverbände von dem Nachweise abhängig sei, daß ein Unterstützungswohnsitz fehle, und daß der Ersatz fordernde Ortsarmenverband diesen Nachweis zn liefern habe. Ist dieser Nachweis nicht zn liefern, wie z. B. bei neugeborenen Kindern, bei Blödsinnigen, so bleibt der Ortsarmenverbaud, innerhalb dessen Bezirk die Uttterstütznngsbedürftigkeit hervorgetreten ist, endgiltig unterstütznngspflichtig. Diese von der Judikatnr angenommene Auslegung scheint in der That — so erläutern die „Motive" weiter - mit der Absicht des Gesetzes nicht iu Einklang zu stehen, denn indem das Gesetz die Pflicht zur öffeutlicheu Unterstützung Hilfsbedürftiger, je nachdem dieselben einen Unterstützungswohnsitz besitzen oder uicht, zwischen den Ortsarmenverbänden nnd den Landarmenverbänden vertheilt und den letzteren insoweit auferlegt, als kein Ortsarmeuverband diese Last wdgiltig zn tragen verpflichtet ist, bezweckt es offenbar, die endgiltige Verpflichtung der Ortsarmenverbände auf diesem Gebiete nnr zn solchen Leistungen SU begrüuden, welche aus dem Vorhaudeuseiu eines Unterstützungswohusitzes sich ergeben. In den übrigen Füllen sind die Leistungen der Ortsarmeuver- bände uur vorläufige und entweder durch den Ortsarmeuverband des Unter- stützungsivohnsitzes oder den gesetzlich dazu berufenen Landarmenverband zu ^statten, so daß jede bleibende Belastung eines Ortsarmenverbandes mit Kosten von ihm nnr vorläufig geleisteten Uuterstützuugeu als eiu vom Gesetzgeber uicht beabsichtigter Erfolg sich darstellt.
Es wird sich gegen diese Deduktion an nnd für sich ein Einwand nicht Theben lasseu. Nnr wäre unseres Erachtens anch die Frage in's Auge zu fassen, ob der Betreffende, dessen persönliche Verhältnisse sich in Bezug auf fehlenden oder vorhcmdenen Unterstütznngswohnsitz nicht feststellen lassen, überhaupt dem Geltungsbereich des Unterstützungswohnsitzgesetzes angehört oder ob er Ausländer ist. Nnr wenn der Unterstützte dem Geltungsbereich des Unter- stützungswvhusitzgcsetzes angehört, ist der Landarmenverband ersatzpflichtig 30 d), andernfalls kommt die Ersatzpflicht dem Staat zu, welchem der Ortsarmeuverband der vorläufigen Unterstützung angehört (s 60).