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Vom Reichstage.
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galt, was das Parlament zu fordern berechtigt ist. So wäre es nutzlos ge­wesen, erst noch in die Berathung dieser Entwürfe einzutreten. Man hat sich begnügen müssen, das bisherige Provisorium, wonach die preußische Ober­rechnungskammer zugleich als Reichsrechnungshof fungirt, abermals zu ver­längern.

Im Uebrigen hat die letzte Woche das Verdienst, zwei Gesetze zur Reife gebracht zu haben, die als die werthvollste Frucht der Session betrachtet werden können: das Gesetz, betreffend die Untersuchung von Seeunfällen, und das Patentgesetz. Das erstere, in der vorigen Session in den Kommissions­berathungen gescheitert, ist diesmal in den letzteren zu einem so glücklichen Ab­schluß gebracht, daß es im Plenum sn dloe angenommen werden konnte. Ueber das andere fanden noch einige Debatten statt, meist über Fragen, welche höchst verwickelt und vielumstritten sind, ohne indeß eine prinzipielle Bedeutung zu haben. Sie bilden die Domäne eines kleinen Kreises vonSachverstän­digen"; die große Masse derLaien" konnte nichts thun, als sich in den meisten Punkten den auf gründlicher Erwägung beruhenden Anträgen der Kommission anschließen. So ist denn, den grundsätzlichen Gegnern und den Pessimisten zum Trotz, ein Werk zu Stande gekommen, welches der Gesetz­gebung zum Schutze des geistigen Eigenthums ein neues, für die Hebung unserer Industrie überaus wichtiges Glied einfügt. Mögen die Erwartungen, welche an dasselbe geknüpft werden, in Erfüllung gehen!

Die Specialberathung des elfaß-lothringischen Landeshaushaltsetats führte abermals eine lange Reihe von Beschwerden und Wünschen herauf. Natürlich standen die sattsam bekannten klerikalen Gravamina obenan. Bemerkenswerth ist, daß die von den Elsässern aller Farben beantragte Resolution, welche für Straßburg baldmöglichst die Wahlen zum Municipalrath fordert, vom Reichs­tage angenommen wurde. Mit Füg und Recht fand auch der Stauffenberg'sche Antrag die Majorität, daß die Neubauten für die Universität theilweise auf Reichskosten ausgeführt werden sollen.

Endlich ist dem Reichstage noch nachzurühmen, daß er gleich in der ersten Session der Legislaturperiode sämmtliche Wahlprüfungen erledigt hat. Man weiß, zu welchen Abnormitäten das frühere schleppende Verfahren führte. Die diesmalige prompte Abwickelung des Prüfungsgeschäfts ist die erfreuliche Folge der Einrichtung einer besonderen Wahlprüfungskommission.

Alles in Allem, darf man auf die Seffion mit größerer Befriedigung zurückblicken, als sich Anfangs erwarten ließ. Als der neugewählte Reichstag zusammentrat, mangelte der sichere Anhaltspunkt, nm zu beurtheilen, welche Stellung er zu den unsere Zeit beherrschenden wirthschaftlichen Fragen nehmen werde. Heute ist dieser Anhaltspunkt gegeben. Es hat sich herausgestellt, daß