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Unterhause es den gewiegtesten Rednern gleichthat und das ganze Haus zu stürmischem Beifall zwang. Darin sind nun einmal die Engländer glücklicher als die deutschen Parlamentsredner, denen es an jeder methodischen Vorbildung, an jeder ernsten Gelegenheit fehlt, sich für den höchsten Beruf des Bürgers vorzubereiten. Macaulay sprach, wie er schrieb, — concis, spiegel- klar, künstlerisch vollendet; und doch hatte <r späterhin nicht immer ausreichend Zeit, um seine Reden vorher durchzuarbeiten, sondern mußte oft genug, namentlich in den bewegten Tagen der englischen Reformbill, dem Hie KtwSug, Kie salta! gehorchen.
Die vier Bände der Trevelyan'schen Biographie Macaulay's sind eine wahre Erquickung für den Leser; auf jeder Seite tritt einem der tüchtige, mannhafte und makellose Charakter eines Lieblings der Musen entgegen. Jeder Zoll ein Gentleman! Besonders wohlthuend wirkt die unermüdliche Fürsorge für seine Familie, der er die größten und bei seinem berechtigten Ehrgeiz schwerwiegendsten Opfer zu bringen nie müde wurde. Macaulay's Briefe an Vater, Mutter und Geschwister sind durchweht von einer Innigkeit des Gefühls, die wunderbar absticht von der Schroffheit und Unversöhnlich- keit, die er gegen literarische Mittelmäßigkett oder gar historische Krttiklosig- keit hervorkehrte. Nach den Biographien so vieler genialen Menschen, die bei all ihrer Genialität nur zu oft die einfachsten Pflichten eines Mitglieds der Familie und der Gesellschaft verletzten, thun die Briefe wahrhaft wohl, welche der mächtig aufstrebende Jüngling an die Seinigen richtet, und in denen er sich um die geringfügigsten Interessen des elterlichen Hauses so besorgt zeigt, als gelte es der Erreichung seiner idealsten Pläne.
Am 1. October 1824 besteht er sein Universitätsexamen im ?i-imt^- vollere zu Cambridge, wird zum ,,?öUvw" ernannt, verläßt die ^img, mator und widmet sich der juristischen Carriere. Wenige Tage nach seinem Examen erschien Macaulay's erste größere literarische Arbeit, — das auch den meisten deutschen Lesern wohlbekannte meisterliche Essay über Milton, mit welchem er wie mit einem Schlage der Schöpfer eines ganz neuen wissenschaftlichen und doch populären Stils für England wurde. Jeffrey. der gefürchtet« Chef- Redakteur des Edinburgh-Review, damals der Hort des schottischen Whiggismus, hatte ein scharfes Auge für neu auftauchende Talente. Zunächst mochte ihm wohl der ganz eigenthümliche Stil imponirt haben, der freilich um ein Beträchtliches von dem damaligen Journal-Jargon abwich, — denn er schreibt an den glücklichen jungen Verfasser des Milton-Essays: „Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich begreifen, wo Sie diesen Stil aufgegabelt haben." — Macaulay's Prosastil ist der Stil des hochgebildeten, ja des gelehrten Mannes von Welt, der es versteht, seine peinlichen Detailforschungen selbst dem Leser zu ersparen und ihm nur das bleibende und belehrende