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Die Ausgestaltung der sächsischen Verwaltungsrechtspflege.
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noch kein Urtheil zu fällen, die öffentliche Meinung zuerst sich ablehnend ver­halten sollte. Die Wirksamkeit des Gerichtshofes braucht darunter nicht zu leiden. Der Karlsruher Verwaltungsgerichtshof hat Berufsrichter, aber nicht unabsetzbare Richter und sein Ansehen ist trotzdem so fest wie das jedes anderen Gerichtshofes begründet.

Die Oeffentlichkeit wird die zweite Hauptneuerung bei Bildung des sächsischen Verwaltungsgerichtshofes sein. Nachdem die Bezirks- und Kreis­ausschüsse die Oeffentlichkeit für ihre Verhandlungen vorgeschrieben erhalten haben, darf diese in der Oberinstanz nicht fehlen. Wie weit die Mündlichkeit Platz greifen könne, ist eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Jedenfalls wird darauf Bedacht zu nehmen sein, daß der Mündlichkeit möglichst viel Spielraum bleibt.

Weit größere Schwierigkeiten als diese Frage wird die Bemessung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes bieten. Doch scheint es nicht noth­wendig diese schwere Aufgabe sofort zu lösen. Ist nur erst der Gerichtshof in Thätigkeit, scheiden sich nur erst Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung in sichtbarster Weise, werden viele Zweifel von selbst schwinden, manche Dinge von selbst sich zurechtlegen. Die preußische Kreisordnung hatte einige Gegen­stände den Kreisausschüssen als Verwaltungsgerichten übertragen, die offenbar der reinen Verwaltung angehören. Der dem Abgeordnetenhause unlängst zuge­gangene Zuständigkeitsgesetzentwurf beeifert sich das Versehen wieder gut zu machen, er giebt die Gegenstände der reinen Verwaltung zurück. Die Zu­ständigkeitsbestimmung der Gesetzgebung von 1875 über das Parteienverhältniß muß freilich fallen, wenn der Bann, der auf der sächsischen Verwaltungs­rechtspflege liegt, von ihr genommen werden soll. Dazu genügt aber ein einfacher Strich, dazu braucht es den Absatz eines Gesetzparagraphen.

Die Ausgestaltung der Verwaltungsrechtspflege ist die Ausgestaltung der Verwaltungsordnung von 1873. Es war wohl gut gethan diese ohne sie so schwierige Gesetzgebungsarbeit nicht noch durch den Gesetzentwurf über Schaffung eines Verwaltungsgerichtshoses zu belasten. Nun die Verwaltungs­ordnung glücklich ins Leben getreten ist, wird das Gesetz über den Ver- waltungsgerichtshos unschwer zu erledigen sein. Wer für die Frage an sich nicht erwärmt sein sollte, der sollte sich für sie um des Reiches willen er­wärmen. Ohne Zweifel dienen die Landesverwaltungsgerichtshöfe wesentlich dazu die Sache des Reichsverwaltungsgerichtshofes zu fördern. Wie die obersten Landesgerichte dem Reichsgerichte vorgearbeitet haben und noch weiter vorarbeiten werden, ist es auch bei den Landesverwaltungsgerichten und dem Reichsverwaltungsgerichte der Fall. Die Wechselwirkung dürfte sich hier sogar noch steigern, da die Landesverwaltungsgerichte in dem Reichsverwaltungsgerichte weder aufgehen können noch aufgehen sollen.