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Städte und Dörfer, Land und Leute in Lothringer : 4. Land und Leute.
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In manchen Dörfern dagegen sind beim Wiederaufbau noch die Grund­mauern aus älterer Zeit benutzt und hier findet sich dann ein reicherer Wechsel in den baulichen Gruppen und eine größere Originalität der Anlage.

Wie bekannt ist die überwiegende Beschäftigung der Bewohner der Acker­bau, dem der größte Theil des cultivirten Bodens gehört, doch macht sich auch hier die Zersplitterung des Grundbesitzes nachtheilig geltend, da viele Gemein­den zur Durchführung wirklicher Reformen zu klein sind. Zudem stehen die Löhne ungewöhnlich hoch.

Als eine ganz specielle und eigenartige Erscheinung der Lothringer Land­wirthschaft müssen wir jenes Teichsystem erwähnen, das besonders im Kreise Chateau-Salins und bei Saarburg betrieben wird. Mächtige Weiher, die häufig untereinander in Verbindung stehen, wurden dort angelegt und große Schleusen vermitteln die Zufuhr und Abfuhr des Wassers. Zwei Jahre lang sind sie von der Fluth bedeckt und mit Fischen besetzt, die nach Ablauf dieser Frist einen Werth von mehr als 100.000 Franks gewinnen, dann läßt man den Weiher ab und das schlammige Land, das keiner weiteren Düngung be­darf, wird in ein blühendes Kornfeld verwandelt. Der größte dieser Teiche ist jener, der nach dem Dorfe Lindre genannt wird und eine Länge von drei Kilometern mißt. Die Tiefe beträgt etwa zehn Fuß. Außer Weizen und Korn wird mit Vorliebe Hanf oder Flachs gepflanzt, die beide in dem aufge­weichten Boden besondere Größe erlangen. So findet hier die Dreifelderwirth­schaft wohl die originellste Verwirklichung und nicht nur der Bauer allein, auch Jagd und Fischerei finden auf derselben Scholle reichliche Ernte.

Was den Wald betrifft, dies Lebenselement eines jeden Landes, so ist Lothringen noch immer reich hieran trotz aller Verwüstung, die vergangene Jahrhunderte ihm brachten. Meilenweit ward in den Kriegen jener Zeit der herrliche Forst verbrannt; aber die Natur ergänzte das mit milden Händen, was der Vandalismus der Menschenhand gesündigt. Erst dann, als Lothringen ganz in französischen Händen war. nahm die Verminderung unersetzliche Dimen­sionen an; sofort nachdem die Regierung das Land erworben, ließ sie fast um zwei Millionen Francs Holz in demselben schlagen, denn die Kriege forderten Geld; den Fremden, die aus Frankreich herüberkamen, wurden weite Wald­gebiete zur Ansiedlung überlassen, während in neuerer Zeit die Industrie enorme Massen verschlang. Daher ist denn auch jetzt nur mehr das eigent­liche Gebirgsland mit reichem Hochwald bestellt, dort finden wir noch prächtige Buchen und riesige Tannen, und manche von ihnen prangt als stolzer Mast auf französischen Schiffen!

Dort aber, wo das Land weniger rauh und waldig ist, blüht auf den Hügeln die Rebe, auch ihre Blätter schmücken den Ehrenkranz des schönen Landes!