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Der Fall Thomas, die öffentliche Sicherheit und das Strafrecht.
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bunden werden, und zur Sicherstellung dieser Cautelen und Controlen müssen scharfe Polizeigesetze erlassen werden. So wird von vornherein die Beschaffung der Mittel zu derartigen Verbrechen erschwert. In dieser Beziehung ist viel­leicht bei uns noch manches zu bessern, und man darf sich hierin, wie sehr richtig ein Artikel der Weserzeitung bemerkte, auch durch das Widerstreben der Fabrikanten, Händler, Bergwerksbesitzer u. s. w. nicht sogleich irre machen lassen.*) Daneben wäre etwa auch, wie schon von anderer Seite bemerkt wor­den, das Seeversicherungswesen ins Auge zu fassen. Ebenso wie der Brand manches Hauses wird auch wohl der Untergang manches Schiffes direct oder indirect auf betrügliche oder zu hohe Versicherung zurückzuführen sein. Wir wollen nicht sagen, daß wirksame Garantien sich hier schaffen ließen; wir wollen nur wünschen, daß darüber eine sachkundige Untersuchung angestellt werde.

Uebrigens aber droht der allgemeinen Sicherheit unsers Erachtens eine viel größere Gefahr durch Unvorsichtigkeit als durch absichtliches Verbrechen, und hier kann allerdings die Frage aufgeworfen werden, ob z. B. einem durch freventlichen Leichtsinn bewirkten namenlosen Unglücksfalle gegenüber die Marimalstrafe von drei Jahren Gefängniß genügt, welche das gegenwärtige Gesetz für fahrlässige Tödtung kennt, ob nicht eine wesentliche Verschärfung in dem Falle für (nach richterlichem Ermessen) zulässig gehalten werden müßte, wenn eine grobe Fahrlässigkeit festgestellt ist, und dieselbe den Tod einer größeren Anzahl von Menschen, oder den Tod eines Menschen und schwere Körperverletzungen einer größeren Anzahl von Menschen verursacht hat.

Man würde dabei den juristisch höchst bedenklichen Begriff der Explosion nicht bedürfen. Das fahrlässige Delict ist freilich um Vieles milder zu be­handeln, als das absichtliche. Allein eine große Gleichgiltigkeit gegen die naheliegende Möglichkeit eines allgemeinen Unglücksfalles ist schließlich nicht ganz weit entfernt von absichtlicher Begehung. Sie wirkt leicht ansteckend und erzeugt endlich das absichtliche Verbrechen.

An den Rechtsbegriffen unseres Gesetzbuches aber möchten wir vorläufig nichts geändert sehen, wenigstens nichts mit Beziehung auf den Fall Tho­mas. Beständige Aenderungen haben hier für die Jurisprudenz eine geradezu

*) Diesen gegenüber ist man auch oft zu nachgiebig. Unseres Erachtens sollte es z. B. doch nicht vorkommen, daß durch belebte Straßen großer Städte enorme Dynamittransporte geschasst werden, wenigstens sollen solche Transporte nicht zu einer dauernden Institution werden, wenngleich vorübergehend zuweilen ein solcher Uebelstand ertragen werden mag. Ganz besonders strenge müßte auch bestraft werden das Aufgeben von explodircnden oder auch besonders feuergefährlichen Stoffen znm Transport auf Eisenbahnen und Schiffen unter wissent­lich falscher Declaration.