47
dem Ruin entgegen. Der Unterricht ist somit die Grundlage der Freiheit und des Gedeihens der Völker. Nun aber sind die protestantischen oder doch stark vom Protestantismus beeinflußten Staaten bis auf den heutigen Tag die einzigen, welche Allen den Unterricht gesichert haben. Wenn das von England nicht gilt, so mag es daher rühren, daß die anglicanische Kirche sich nicht so weit von Rom entfernt hat als die übrigen Formen des Protestantismus. Die andern Protestantischen Staaten weisen nur wenige Erwachsene auf, die ohne Elementarkenntnisse sind, in den katholischen bilden diese Ignoranten einen starken Procentsatz, in Belgien und Frankreich z. B. wenigstens ein Drittel, in Spanien und Portugal sogar dreiviertel der Bevölkerung. Die Ursache dieses Contrastes liegt auf der Hand. Der Protestantismus beruht in wesentlichen Stücken auf einem Buche, auf der Bibel, der Protestant muß also lesen können. So war das erste und letzte Wort Luther's: Lehret die Kinder, das ist die Schuldigkeit der Eltern und Obrigkeiten, das ist das Gebot Gottes. Der katholische Cultus dagegen beruht auf den Sacramenten und gewissen Bräuchen, der Beichte, der Messe, der Heiligenverehrung, zu denen man das Lesen nicht nöthig hat. Dasselbe ist sogar schädlich und gefährlich; denn es erschüttert nothwendig den passiven Gehorsam, auf den das ganze katholische Gebäude gegründet ist; die Lectüre ist der Weg, der zur Ketzerei führt. Die Folge ist, daß der katholische Priester, wo er nicht, wie in der alten guten Zeit in Deutschland, von protestantischen Einwirkungen beeinflußt ist. dem Unterricht im Grunde des Herzens feindselig sein oder sich doch nicht in dem Maße wie der protestantische Pastor bemühen wird, für seine Verbreitung zu sorgen.
Alle Welt ist ferner darin einverstanden, daß die Kraft der Nationen von ihrer Sittlichkeit abhängt. Wo die Sitten der Verderbniß anheimfallen, ist der Staat verloren. Nun aber scheint ausgemachte Thatsache zu sein, daß das moralische Niveau bei den protestantischen Völkern erheblich höher steht, als bei den katholischen. Man lese die literarischen Erzeugnisse Frankreichs, "^n wohne in den Theatern den besonders beliebten Stücken bei: fast immer liegt ihnen Lüderlichkeit und Ehebruch zu Grunde, sodaß man diese Romane und Komödien streng von dem Kreise der Familie fern zu halten ge- "üthigt ist. In Deutschland und England ist es nicht so. Die Werke der Dichtung, in denen hier nicht das Ausland nachgeahmt ist, haben einen Ton und Stil, vor dem keusche Ohren nicht zurückzuschrecken brauchen.
In den katholischen Ländern haben die, welche die Allmacht der Kirche ZU bekämpfen strebten, ihre Waffen nicht wie die alten Protestanten dem Evangelium entnommen, sondern sie sich vom Geiste der Renaissance und des Heidenthums geliehen. Man kann die Kirche auf zweierlei Art angreifen: dadurch, daß man zeigt, daß sie sich vom Geiste Christi entfernt hat. und