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Sittenbilder aus Japan. II.
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an den Staatsrath zu wenden und zwar mit einer Bittschrift, die er einem der Herren selbst in die Sänfte werfen wolle. Der Plan wurde gutgeheißen, aber er war mit Gefahr verbunden. Sogoro nahm deshalb, bevor er abreiste, Abschied von seiner Familie.Sollte mein Vorhaben nicht gelingen," sagte er,so werde ich nicht zurückkehren, und selbst wenn ich meinen Zweck er­reichen sollte, ist es ungewiß, wie mich unsre Machthaber behandeln werden. Laßt uns daher einen Becher Wein mit einander trinken; denn es ist möglich, daß Ihr mein Angesicht nicht wiedersehet. Mein Leben wollte ich darum geben, wenn ich das Elend der guten Leute dieser Gegend mildern könnte. Wenn ich sterben sollte, so betrauert mein Schicksal nicht." Nachdem das Abschiedsfest gefeiert worden, begab sich Sogoro nach Jeddo und führte sein Borhaben aus, als die Herren vom Staatsrath sich auf das Schloß ver­fügten. Aber nach einigen Tagen erhielt er eine Borladung in den Vorhof der Residenz des Staatsrathsmitgliedes, dem er die Bittschrift überreicht, und hier wurde ihm dieselbe als zwar gerecht, aber nicht zu berücksichtigen, mit der Bedrohung zurückgestellt, wenn er sich wieder einer solchen abscheulichen Beleidigung unterfange, so werde man ihn als Aufrührer bestrafen. Ver­gebens bat er um Barmherzigkeit und Wiederannahme der Bittschrift. Seine Bitte wurde rund abgeschlagen. Er griff jetzt zu dem letzten Mittel, verbarg sich unter einer Brücke, die der Taikun, wenn er sich zum Gebet an den Gräbern seiner Vorfahren begab, zu passiren hatte, sprang, als die Pro­zession herankam, hervor und übergab die Petition dem Herrscher mit eigner Hand.

Der harte Schloßherr wurde dadurch zwar gezwungen, sein grausames Verfahren gegen die Bauern zu ändern und die drückenden Abgaben herab­zusetzen, aber Sogoro sollte für die Dreistigkeit, sich au den Kaiser selbst zu wenden, furchtbar büßen. Nicht bloß er, sondern auch sein Weib und seine drei Söhne, noch kleine Kinder, wurden von Kotsuke no Suke zum Tode ver­urtheilt, und zwar die beiden Eheleute zum Tode am Kreuze. Umsonst ver­suchten mitleidige Räthe und dann die Bauern durch Vorstellungen den Fürsten wenigstens zur Verschonung der Frau und der Kinder zu bestimmen. Der erbitterte Fürst, welcher wußte, daß das Wagniß Sogoros ihm den Untergang gebracht haben würde, wenn er nicht von so hohem Range und Mitglied des Staatsraths gewesen wäre, blieb ungerührt, und das Urtheil wurde vollzogen, an den Kindern indeß nur durch Enthauptung.

Am elften Tage des zweiten Monats des zweiten Jahres des Schoho (einer japanischen Zeitperiode) wurde zu Ewaradai ein Schaffst errichtet, zu welchem sich die Räthe und Beamten des Fürsten in feierlichem Zuge ver­fügten. Darauf erschienen Priester mit Sargträgern aus einem benachbarten Dorfe mit der Bitte, die Leichname derer, die sterben sollten, ehrenvoll be-