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Ein Schreiben des Herrn Ministers v. Mittnacht an die Redaction.
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Stuttgart gefirmt hatte, auf dem »bereu Museum daselbst stattgehabtes Mittagessens an dem ich, nachdem zwei meiner Kinder gefirmt worden, theil­zunehmen für passend fand. Als ich im Speisesaal erschien, wurde mir ein Platz zur Rechten des Herrn Bischofs angewiesen und mitgetheilt, daß drei Toaste ausgebracht werden sollen: der erste von dem Vertreter des katholischen Kirchenraths auf den Bischof, der zweite vom Bischof auf Seine Majestät den König, der dritte auf den Papst; diesen letzteren auszubringen wurde ich ersucht. Ich sprach den Wunsch aus, keinen Toast ausbringen zu dürfen und bezeichnete als geeignet dazu zwei anwesende Landtagsabgeordnete. Da indeß diese Herren Umstände machten, brachte ich den dritten Toast aus. DasDeutsche Volksblatt" hat darüber in seiner Nummer vom 15. September 1871 Folgen­des berichtet:Der Herr Minister v. M. toastirte auf S. Hlgkt. Papst Pius lX.. der während seiner Regierung schon vieles und schweres erfahren, aber nicht müde werde in seinem heiligen Amt, an dessen Tugenden Niemand zweifle." Gelegentlich bemerke ich, daß, wie öffentliche Blätter mittheilten, geraume Zeit später in Bayern der Minister v. Lutz auf den Papst einen osficiellen Toast auszubringen gleichfalls keinen Anstand genommen hat.

Die Behauptung der Correspondenz, ich habe das Einführungsgesetz zum Neichsgesetz über die Civilehe dem Bischof zur Cognition und Genehmigung vorgelegt, ist durchaus unwahr. Von mir wurde der Gesetzentwurf nur den mitbeteiligten Ministerien des Innern und des Kirchen- und Schulwesens mitgetheilt.

Ob mich, wie Ihr Correspondent sagt,alle Katholiken" zu den Stützen ihrer Partei rechnen, weiß ich nicht; ich kenne insbesondere die klerikale Presse zu wenig. Von der BonnerDeutschen Reichszeitung", die nach der Behaup­tung Ihres Correspondenten mich als einen Ultramontanen reklamirt und ihren katholischen Lesern im Gegensatz zu den Bayrischen Ministern Fäustle und Lutz als gutrömisch katholischen" Mann vorgestellt, auch mit siegestrunkener Freude auf die Zustände im Departement des Auswärtigen hingewiesen haben soll, habe ich mir mit vieler Mühe die in derNeuen Frankfurter Presse", welche Ihre Correspondenz in condensirter Form vorausbrachte, citirte Num­mer 111 vom 23. April 1874 verschafft.

Sie enthält folgende Stelle:Ein in Berlin bei Kortkampf erschienener Almanach giebt Notizen über das religiöse Glaubensbekenntniß auch in Be­treff der Mitglieder des Bundesraths. Von den Württembergischen sind zwei katholisch, der Staatsminister von M. und der Gesandte in Berlin, Freiherr v. Spitzemberg; ersterer bezeichnete sich sogar als römisch-katholisch, eine Be­zeichnung, die wohl gleichbedeutend zu nehmen ist mit ultramontan."

Ueber diesen Schluß habe ich kein Wort zu verlieren, bemerke indessen, daß das von Kortkampf mir zugeschickte und von mir ausgefüllte Formular die Ausdrücke enthält:Religion: Evangelisch, Reformirt, Römischkatholisch, Altkatholisch. Jsraelit."

Von den Zuständen im auswärtigen Ministerium enthält die angeführte Nummer der Reichszeitung nichts. Es ist übrigens richtig, daß von vier Württembergischen Gesandten zwei Katholiken und daß von dem Personal des Ministeriums ein Ministenalassessor, der zugleich Kanzleidirektor, und ein Erpeditor katholisch sind. Ebenso gewiß aber, wenn auch von Ihrem Corre­spondenten nicht mittheilenswerth erachtet, ist. daß ich bei Uebernahme des Ministeriums im August 1873 diese 4 Beamten auf ihren dermaligen Stellen vorgefunden habe. Nur eine von Ihrem Correspondenten gleichfalls ignorirte