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von 1813, sondern eine mit bestimmter Tendenz gemachte Niederschrift ist, die erst 36 Jahre nach dem Ereigniß zu Papier gebracht ist. Man darf ferner nicht übersehen, daß fast gleichzeitig mit dieser Expectoration Schön an eine andere Adresse (an Professor Rosenkranz in Königsberg) am 13. Februar 1849 jene bittere, leidenschaftliche und maßlose Auslassung über die Gesetzgebung von 1807 und 1808 niedergeschrieben hat, die man als das Thema, über das seine Selbstbiographie die Variationen bringt, oder als das condensirte Excerpt aus derselben bezeichnen könnte*). Wenn man dies letztere Schriftstück zum ersten Male liest, traut man nur mit Ueberwindung und Anstrengung seinen Augen: Stein sollte nur die Firma zu den Reformgesetzen gegeben haben; er habe mehr geduldet das was unter seiner Firma geschah, als daß es von ihm ausging. In der Selbstbiographie erhält dieser Gedanke noch die weitere Ausführung, daß Stein sich die Glorie angeeignet habe für Maßregeln, die eigentlich gegen seine Grundsätze gewesen (vgl. S. 42). Die Porträts, die Schön an jenen beiden Stellen von den Staatsmännern der Jahre 1807—1813 gezeichnet, sind größtentheils durch seine Malice und Abneigung charakterisiert; so neben Stein auch Hardenberg und Altenstein. Als die eigentlichen Macher der preußischen Geschichte bezeichnet er Nhediger, Scheffner, Friese, Nicolovius, Süvern und natürlich Schön selbst. Das Gesetz vom 9. October 1807 über den erleichterten Besitz und freien Gebrauch des Grundeigentums stellt er gradezu als ein Werk hin, das seinen persönlichen Anregungen das Leben verdankt (S. 39 ff.). Es wird hier dem Leser dieser Selbstbiographie Schön's zugemuthet, alles das zu vergessen, was wir sonst über die früheren Versuche und Intentionen der preußischen Könige, über die Vorbereitungen der neuen Gesetzgebung schon in den ersten Negie- rungsjahren Friedrich Wilhelm's III. wissen: im Gegensatz zu vielen bekannten Thatsachen soll man Schön's einfacher Behauptung glauben!
Noch ein anderer Punkt muß hervorgehoben werden zur Charakteristik der Selbstbiographie. Bekanntlich hat der ostpreußische Localpatriotismus, der mit Stolz grade aus das Jahr 1813 und Ostpreußens Leistungen und Haltung im Augenblick der Krisis zurückzuschauen das vollste Recht hat, neben anderen wohl begründeten Dingen für Ostpreußen auch ein Verdienst in Anspruch genommen, das eine unbefangene Erwägung der Verhältnisse ihm nicht zuerkennen wird. Man hat sich in Ostpreußen gerühmt, daß die Errichtung der Landwehr eine ostpreußische Idee gewesen und daß erst nach dem Vorgange und dem Vorbilde Ostpreußens die Staatsregierung die allgemeine Einführung der Landwehr angeordnet habe. Diese Behauptung war 1833 von Joh. Boigt in seiner Biographie des Ministers Dohna vorgetragen worden; er war so
') Mitgetheilt in der Gegenwart vom 3. August 1872.