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zerschnitt und sie als Reliquien vertheilte, mochte er einen Ersatz für die schweren Momente finden, die er in dieser peinlichen Lage verlebte; und er lächelte wirklich über einige Soldatenwitze, mit welchen ihm die Unbescheidenen, halb gutmüthig, halb ironisch tröstend, die Zeit vertrieben*); aber die Erinnerung an diese Augenblicke dürfte ihn schwerlich je verlassen haben. Nach langem Umhersuchen war man endlich zum Vicekönige gelangt, der sich thränenden Auges und ehrerbietig dem Könige nahte. Franz. noch immer fürchtend, in des Connetables Gewalt zu gerathen, ergab sich schnell dem Vice. König, und reichte ihm, nachdem dieser ihm ritterliche Haft angelobt, sein Schwert, wogegen er den Degen Lannoy's in Empfang nahm. Von zahlreichen Rittern, Offizieren und der ganzen Masse Neugieriger umgeben, verweilte der König noch geraume Zeit auf dem Schlachtfelde, nicht ohne manch bitteres Wort zu hören; aber eifrig bestrebt, sein Betragen nach den Vorschriften einzurichten, welche die Nitterromane dem in ehrlichen Kampfe niedergeworfenen Cavalier auferlegen. Nur eine Bitte um Schonung seiner treuen Streitgenossen wagte er, welche diesen jedoch wenig half, da Pescara «mala gusi-ia" zur Losung gegeben und nur die Deutschen milderen Sinnes geworden waren.
Außer König Franz von Frankreich war indessen auch Heinrich d'Albert, der König von Navarra, gefangen genommen worden.**) Ihnen näherte sich nun Pescara, beugte vor Franz I. das Knie und bat um den Vorzug, ihm die Hand küssen zu dürfen, indem er bedeutungsvoll die Großmuth hervorhob, welche das ritterliche Spanien stets gegen Ueberwundene ausübe.
Zu Alfons del Guasto, der die Seelengröße des Kaisers rühmte, äußerte Franz, daß es stets sein Wunsch gewesen, so einen gepriesenen Herrn persönlich kennen zu lernen, aber daß er nie daran gedacht, seinen Wunsch auf diese Art in Erfüllung gehen zu sehen. Dabei fügte er Worte des Bedauerns hinzu, nicht mit seinen Rittern habe sterben zu können, und pries sich unglücklich, diesen Tag überleben zu müssen. Doch der gesürchtetste Gegner und Feind war dem Könige noch nicht begegnet — der Connetable Bourbon. Dieser hatte racheschnaubend auf dem ganzen Schlachtfelde nach seinem Feinde Bon- nivet gespäht: Allen seinen Leuten hatte er gemessenen Befehl ertheilt, diesen vor allen Dingen lebendig zu fangen und zu ihm zu bringen. Doch Bon- nivet weilte, wie wir wissen, schon nicht mehr unter den Lebenden. Als Bourbon endlich zu dessen Leiche geführt ward, so soll er schmerzlich ausgerufen haben: „Du Unglücklicher bist Schuld an Frankreichs und an meinem Unglück!" Mit gezücktem Schwerdt, das Hemde über dem Panzer ganz mit
") Sandoval.
") Ihn rettete später die Hingebung und List seines Pagen Franyois de Rochesm't aus der Gefangenschaft.