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tiven mit ihrem Ministerium weniger Sorge haben. Disraeli's Stärken und Schwächen sind bekannt: daß man ihn als leitenden Minister nicht entbehren kann, ist schon ein Zeichen von der Schwäche der Partei. Lord Derby ist ein ernster, arbeitsamer Mann mit mannichfacher Erfahrung. Lord Salisbury bemüht sich, mit Erfolg an den hungernden Hindus gut zu machen, was die Doctrin. man dürfe in Zeiten des Mangels unter keinen Umständen die Kornausfuhr verbieten, an ihnen gesündigt hatte. Der Schatzkanzler und der Kriegsminister haben das Haus und das Publikum bis jetzt befriedigt. Aber der Marineminister Ward Hunt hat schon bewiesen, daß er weder Sachkenntnisse besitzt noch die Fähigkeit, dieselben an der richtigen Quelle nachzusuchen. Er gab in einer sehr ungeschickten Rede wieder, was er sich von abgetakelten oder mißvergnügten Admiralen hatte erzählen lassen. Von dem Herzog von Richmond und Lord Malmesbury heißt es: vomsn et xraetersg, niiül. Dasselbe ist nicht zu sagen von den Unterstaatssecretairen, jungen Herren, zum Theil unter 24 Jahren, deren Namen nur in ihren Clubs und auf Bällen bekannt sind.
Indessen haben sie und ihre Parteigenossen jetzt eine so günstige Gelegenheit, wie sie seit lange nicht dagewesen ist. Die buntscheckige Opposition hat keinen Führer; ein großer Theil ist in Meuteret gegen den ultramontan angehauchten Gladstone. Eine Menge, von ihm und seinen College» verletzte und bedrohte Interessen sehnen sich nach Ruhe, und es wird lange dauern, ehe sich wieder eine regierungsfähige Opposition gebildet hat.
Wischers humoristische Kriegs dichtung.*)
Der berühmte Aesthetiker Bischer vereint im seltensten Maße die Gabe feinfühligster, geschultester Empfindung für das Schöne in allen Formen mit jenen grobkomischen Anlagen, die seinem Bänkelsängernamen Schartenmayer, mindestens im Commersbuch der deutschen Studenten, unsterblichen Ruhm gesichert haben. Dieser seltene Mann, der im Frankfurter Parlament auf der äußersten Linken Platz genommen, sich dann Jahrzehnte lang in der Schweiz einen Wirkungskreis gebahnt hat, so glänzend und fruchtbringend, wie kaum ein anderer Verbannter, dann dem neuen Deutschland seit 1866. und namentlich dem deutschen Reiche, seit 1871 wieder ganz — wenn auch naturgemäß mit einigen energischen schwäbischen Vorbehalten — sein gutes deutsches Herz zuwandte — dieser tapfere tüchtige Schwabe ist auch der Verfasser des vorliegenden „Heldengedichtes." Wer zu seinen Füßen gesessen , und Zeuge gewesen ist von der im besten Sinne willenlenkenden Beredsamkeit, die ihm eigen, und die auf anderem Gebiete nur vergleichbar ist dem nationalen Pathos der academtschen Vorträge Treitschke's, mag am wenigsten glauben, daß diesem Manne unter den Humoristen unseres letzten großen Krieges einer der besten Kränze gebührt. Wer andererseits die Vorrede des vorliegenden Heftchens liest, die'Schartenmayer's Thaten und Werke in wenigen groben Strichen an die Wand malt, wird, ohne Vischer's po-
Der Deutsche Krieg 1870 — 71. Ein Heldengedicht aus dem Nachlaß des seligen Philipp Ulrich Schartenmayer, herausgegeben von einem verewigten Freunde des Verewigten. Dritter unveränderter Abdruck. Nördlingen. Gedruckt in diesem Jahr. (C. H. Deck).