Beitrag 
Ein Diplomat als Weltreisender.
Seite
351
Einzelbild herunterladen
 

3S1

Meers.Hier begegnen sich Germanen. Kelten, Mongolen! Seit der großen Völkerwanderung war die Welt nicht mehr Zeuge ähnlicher Vorgänge. Welcher Menschenstamm wird entspringen aus der Berührung von Völkern, die so verschieden sind durch Abstammung. Religion, Sitte? In welchem Maße werden sie sich vermischen? Bis zu welchem Grade wird der noch jungfräuliche Boden auf die, welche ihn bebauen, seine immer so fühlbare, wenn gleich ge­heimnißvolle Wirkung geltend machen? Welchen Einfluß werden die neuent­stehenden Geschlechter ausüben auf die Geschicke der Menschheit? Dies sind Geheimnisse der Vorsehung. Wer vermöchte sie zu ergründen!"

In einem der schönen Pacific-Dampfer fuhr Hübner nach Jokohama in Japan hinüber und der Theil seines Werkes, welchen er dem Sonnenaufgangs­land widmet, ist entschieden der interessanteste und beachtenswertheste. Hier hielt er sich am längsten auf, hatte er Gelegenheit, in den Kreisen der maßgebenden japanischen Progressisten zu verkehren, ja selbst die alte Kaiserstadt Kioto und deren Paläste und Tempel eingehend studtren zu können. Hübner be­trachtet das in gewaltiger Gährung befindliche Reich mit den Augen des conservativen europäischen Staatsmannes und diese Anschauung drückt seinen ganzen Schilderungen den Stempel auf. Er ist voller schwerer Bedenken gegenüber der Neuzeit und ihren brausenden Reformen. Auch mit der Sicher­heit, in welcher die europäischen Residenten sich jetzt in Japan wiegen, nach­dem in den letzten Jahren keine Mordthaten mehr vorgekommen, soll es nach Hübner nicht ganz ausgezeichnet stehen, wenigstens könne man jede Minute einen neuen Ausbruch des Fanatismus gegen die Fremden erwarten.Den Zweischwertmännern gehe man aus dem Wege. Das Uebrtge weiß man nicht. Gar vieles ist noch unbekannt. Ein dichter Vorhang verhüllt das Innere. Ge­wiß ist noch vieles, vieles unklar im Sonnenaufgangslande und der kürzlich ausgebrochene Aufstand beweist, daß Hübner recht hat, wenn er sagt, der Ausgleich sei noch nicht vollständig so wenig wie dies in Oesterreich der Fall ist. Wie der Uebergang sich dort vollzieht, mag an dem Beispiele eines hohen Adligen gezeigt werden.Matsune ist in einem Umgestaltungsprozesse begriffen. An den Endpunkten seiner Persönlichkeit ist er bereits zum Europäer geworden. Er trägt Pariser Stiefletten und hat sein Zöpfchen am Scheide! abgeschnitten, dafür läßt er. gegen die Landessitte, sein Haar wachsen; es 'st dicht, kraus und struppig und giebt ihm ein ordinäres Aussehen. Ich ^ug ihn, warum er nicht die japanische Mode beibehalte. Die Antwort war, ^ leide häufig an Schnupfen. Die Wahrheit ist. daß der junge Mann den Ideen der Neuzeit huldigen möchte, aber nicht wagt, es zu gestehen. Er schwimmt zwischen zwei Wassern. So viel steht fest: wer hier zu Lande sein Zöpfchen abschneidet, ist Progressist und die Zahl derselben nimmt zu. Japan bewegt sich."