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kräftig unterstützt von den Liberalen und besonders eingehend begründet durch ein reiches geschichtliches und staatsrechtliches Material von dem Referenten der III. Deputation, dem Abg. Dr. Biedermann. Das Ministerium war unklug genug, gar keine Concession zu machen, obschon der Ministerpräsident selbst, Freiherr v. Friesen, beim vorigen Landtage offen eingestanden hatte: wenn es sich jetzt um Aufstellung einer Verfassung handelte, würde man diesen Paragraphen nicht aufnehmen. Herr v. Nostiz, der Minister des Innern, warf den nicht sehr staatsmännischen Ausruf hin: da man den Paragraphen einmal habe und da er sich praktisch erwiesen habe, so wolle man ihn nicht aufgeben. Diejenigen beiden Minister aber, welche durch ihre brüske Anwendung der §§ 92 und 103 gegen die Volkskammer (die ersten Beispiele dieser Art, wie der Bericht der Deputation nachwies) den ganzen Sturm heraufbeschworen hatten, Herr v. Gerber und Dr. Abeken waren bei dieser Debatte gar nicht anwesend, entzogen sich vielmehr einfach durch Wegbleiben den gerechten Anklagen, die gegen sie geschleudert wurden, anstatt wie die parlamentarische Sitte gefordert hätte, für das was sie gethan, einzutreten.
So schlecht bestellt war von Haus aus die Sache des Ministeriums in dieser Frage, und so schwach ward sie vom Regierungstische aus vertheidigt' daß in den Reihen der conservativen und ministeriellen Partei selbst ein Abfall erfolgte, wie in einer so wichtigen prinzipiellen Frage wohl kaum jemals dagewesen. Einer der namhaftesten Führer dieser Seite, Abg. Haberkorn übertrumpfte Liberale und Fortschrittsleute, indem er den Antrag stellte, nicht nur jene Paragraphen gänzlich aufzuheben, sondern auch, um gegen die I. Kammer eine andere Waffe an deren Statt zu haben, das Princip des Pairs- schubs (das der sächsischen Verfassung fehlt) einzuführen. Und dieser so viel weiter gehende Antrag ward von der Kammer gegen eine Minorität von noch nicht einem Dutzend Stimmen zum Beschluß erhoben, auch, als die I. Kammer, wie natürlich, ihn verwarf, bei der anderweiten Berathung mit etwa ebenso großer Mehrheit festgehalten!
So beispiellos diese Fahnenflucht der ministeriellen Partei war, so ward sie doch noch überboten bei einer anderen Gelegenheit bei dem sog. Ludwig, schen Antrage wegen Publikation des Unfehlbarkeitsdogmas. Hier fielen nicht nur Conservative und Centrum massenweise vom Ministerium ab, sondern einzelne Redner von dieser Seite kämpften gegen das Ministerium mit so scharfen Waffen, wie kaum ein Redner von der Linken. Gleichwohl blieb Herr v. Gerber starr bei seinem Klon xossumus und ließ sich ruhig von der Kammer mit allen Stimmen gegen drei amtshauptmannschaftliche abvotiren! Warum auch nicht? In Sachsen lächelt man darüber, daß in Baiern, in Württemberg, in Hessen (von Baden gar nicht zu reden), die Minister entweder den Kammermajoritäten sich anbequemen oder — zurücktreten, daß selbst