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Accessionserfahrungen im Fürstenthum Waldeck :
(Schluß.)
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baren Bedingungen. Eine derartige Annexion wird aber so paradox es auch klingen mag kaum anders, als durch ein entschieden waldeckisch-particu- laristisches Auftreten erreicht werden. Die Auffassung, als sei der Accessions- vertrag nur ein Uebergangszustand zur vollständigen Uebertragung des Vo­rnan iums an den Fürsten, muß mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen und jedem in dieser Richtung gemachten Vorschlage das feste Verlangen nach Wiederherstellung des Zustandes vor 1868 entgegengesetzt werden. Der wal- decksche Landtag hat im Jahre 1867 aus unbekannten Gründen in eine zehn­jährige Suspension sehr wesentlicher Vermögensrechte des Landes gewilligt; seine erste Pflicht ist jetzt, diese Rechte allen ferneren Abmachungen gegenüber wieder zur Geltung zu bringen. Nur von diesem Standpunkte aus wird er unterhandeln können. Selbstverständlich wird kein verständiger Waldecker daran denken, einem Fürstenhause, mit welchem das kleine Völkchen lange Jahrhunderte hindurch in gemüthlichem Einvernehmen gelebt, vorenthalten zu wollen, was es billigerweise beanspruchen kann; nie und nimmer aber kann die Landesvertretung zugeben, daß bei der Lösung des alten Verhält­nisses der materielle Vortheil ausschließlich der einen, der materielle Nachtheil ausschließlich der andern Partei zufalle. Warte man also, auf das gute Recht des Landes gestützt, ab, ob Propositionen zu einem billigen Vergleich gemacht werden. Vielfach wird vermuthet, daß die fürstliche Parter beabsichtige, einen solchen Vergleich dahin vorzuschlagen, daß das Land das Stift Schaaken, d. h. sein unbestreitbares Eigenthum, erhalten, dagegen aber auf seine Anrechte am Domanialvermögen verzichten würde. Natürlich würde der Landtag einen solchen Vorschlag als einen billigen nicht betrachten vorausgesetzt, daß er sich durch keine falsche Rücksicht beeinflussen, durch keine unbegründete Be­fürchtung einschüchtern läßt. Wir zweifeln nicht, daß dieAnnexion um jednr Preis" im geeigneten Augenblicke geradezu als nationale Pflicht gepredigt werden wird, hoffen aber, daß sich kein Verständiger dadurch bethören läßt. Für die Befestigung und Entwickelung des deutschen Reiches ist es wahrlich höchst gleichgültig, in welcher Form das Fleckchen Erde, das man Waldeck nennt ihm angehört. Ebensowenig wird man den unausbleiblichen Ausmalungen der Schrecken des Staatsbankerotts irgendwelches Gewicht beizulegen brauchen. Wenn wirklich die feste Haltung des waldeckschen Landtags zur Folge hätte, daß nichts Anderes übrig bliebe, als zur altenSelbständigkeit" zurückzukehren, d. h. einen Zustand herzustellen, welcher in kurzer Zeit die Reichsexecution heraufbeschwören müßte, würde das Land dieser Eventualität immerhin mit dem Troste entgegengehen dürfen, daß seine Lage zum mindesten nicht uner­quicklicher werden könne, als sie gegenwärtig ist.

Das sind die praktischen Wirkungen und Consequenzen einer Aceession.