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ergeben, im Jahre 1870 z. B. 21,428 Thaler — bei einem Gesammtetat von 251.867 Thalern wahrlich ein recht erkleckliches Sümmchen. Zur Deckung dieser Deficits nahm man das Geld, wo man es fand, nämlich aus dem Stammvermögen der waldeckschen Staatskasse. Die Stände des Fürstenthums waren freilich über diese Maßregel wenig erfreut: sie meinten, da Preußen nach Art. 3 des Accessionsvertrags sämmtliche Landesausgaben zu bestreiten habe, so müsse es selbstverständlich jedes noch so hohe Deficit aus seiner Tasche ausgleichen. Der Landesdirector hatte ihnen darauf gleich Anfangs entgegengehalten, daß der preußische Landtag nicht geneigt sein werde, mehr als den bereits gewährten Zuschuß zu bewilligen, und daß man sich vergebens nach einer Macht umsehen würde, welche ihn dazu zwingen könnte. Trotzdem wiederholten die Stände ihre Forderung, daß Preußen die aus den Beständen der waldeckschen Staatskasse entnommenen Beträge zurückerstatte. Schließlich sprach der Landesdirector den Ständen für die Dauer des Accessionsvertrages rundweg die Berechtigung zu dieser Forderung ab, mit dem Hinzufügen, daß „zu einer Erörterung der Frage, inwieweit Preußen zu dieser Rückerstattung verpflichtet sei, falls eine Aenderung der bestehenden Verhältnisse demnächst eintreten sollte, zur Zeit keine Veranlassung vorliege." Allem Anscheine nach wird also das bisherige Deckungsverfahren fortgesetzt werden, und es ist die beste Aussicht vorhanden, daß spätestens bei Ablauf des Accessionsvertrags auch die Bestände der waldeckschen Staatskasse aufgebraucht sind. Dabei ist von geringem Werth, daß Preußen am letzten Ende zur Rückerstattung unzweifelhaft verpflichtet ist; denn es wird zu diesem Zweck wahrscheinlich den auf Waldeck entfallenden Theil der französischen Kriegskostenentschädigung verwenden, und alle die schönen Pläne, welche phantasiereiche Gemüther bereits auf diese außerordentliche Einnahme gebaut hatten, werden zu Wasser.
So ist denn klar, daß der nächste Zweck des Accessionsvertrags, dem Fürstentum Waldeck innerhalb des Norddeutschen Bundes, beziehungsweise des Deutschen Reiches die finanzielle Existenzmöglichkeit zu verschaffen,' gänzlich verfehlt ist. Denn es ist nicht abzusehen, daß in der Folge etwa neue Hülfsquellen sich im Schooße des Ländchens öffnen würden. Das Fürstentum Waldeck, ein waldiges Hügelland von 21 Quadratmeilen, ist fast ausschließlich auf Ackerbau angewiesen; auch dieser Productionszweig aber hat mit einem rauhen Klima und wenig günstigen Bodenverhältnissen zu kämpfen. An Arbeitsamkeit hat es das wackere Völkchen nie fehlen lassen; aber die Wirthschaftsmethode hat bisher noch größtenteils auf veralteten Grundsätzen beruht. Ganz neuerdings wird durch einen tüchtigen landwirtschaftlichen Wanderlehrer in dies System Bresche gelegt und es steht zu hoffen, daß der waldecksche Landmann durch die praktische Befolgung der so erhaltenen Winke, in Verbindung mit den Folgen der eben jetzt im Werke begriffenen Verkop-