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Kruse´s Moritz von Sachsen.
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zu gehen. Schade nur, daß das Resultat desselben ein im Vergleiche zu den ersten Aufzügen so mattes geworden ist!

In einer Scene zwischen Moritz und seiner Gemahlin Agnes wird das zwischen 1547 und 1532 geschehene kurz nachgeholt, und vor den anderen Fürsten übernimmt Moritz darauf die Führung des Aufstandes gegen den Kaiser. Der Ueberfall in Innsbruck, die Flucht Karl's und der Einmarsch der siegreichen Protestanten füllt die zweite Hälfte des vierten Actes. Dabei wird endlich dem Markgrafen Albrecht die Gewißheit, daß seine Braut mit einem Anderen gebuhlt und daß dieser Andere sein Freund Moritz gewesen. Er schnaubt Rache, blutige Rache gegen den leichtsinnigen Frevler.

Markgraf Albrecht erscheint als ein wilder, wüster Haudegen aber als eine ehrliche Haut: trotz der Grausamkeit, die uns auch der Dichter von ihm berichtet, verstehen wir diesen Charakter und können um ihm fühlen. Die Gräfin Laura dagegen hat in ihrer Geschichte eineUnbegreiflichkeit" aufzu­weisen. Sie soll nach Kruse warm für ihren Verlobten fühlen, und begeht doch so eu xassaut einen Fehltritt, etwa wie Einer auf einem Spaziergange ein Stehseidel trinkt. Die Sittlichkeit der fürstlichen Kreise jener Zeit ist allerdings in diesen von Kruse erfundenen Episoden eulturhistorisch rickrig dargestellt, aber behagliche Empfindungen flößt uns derartiges nicht ein. Und auch bei der großen Scene im fünften Aufzuge zwischen Agnes und Mmitz, die übrigens reich an einzelnen poetischen und tief empfundenen Motiven ist, werden wir die Erinnerung an die Scene des ersten Actes mit Laura nicht los. Es hat Moritz den Fehltritt gebeichtet, Agnes hat ihm gerne verziehn:

Und trug er mir nicht auch

Die Wollust ein, die ich noch nie gekostet,

Dir zu verzeih«? Du standest neben mir

So groß und göttlich, daß ich fast verschwand.

Nun hast auch Du gefehlt, bist schwach gewesen,

Bist zu den Sterblichen hcrabgestiegen,

Ich kann Dich lieben auch trotz meiner Fehler.

Gewiß, dieser Frauencharakter zeigt ideale Hoheit und Reinheit; aber gerade neben ihm tritt Moritz zu sehr in den Schatten. Bei kalt und äußer­lich neben einander lebenden Gatten nimmt der Leichtsinn des einen Theiles eine weniger häßliche Farbe an, als bei einem Verhältniß inniger Gemeinschaft, wie es diese Scene zwischen Agnes und Moritz uns vorauszusetzen zwingt. Ein gewisser Widerspruch, den übrigens die übliche Tradition der Geschichte schon in sich birgt, ist wie uns scheint, hier ins Drama hinübergekommen und wird durch die poetische Vertiefung, welche Kruse dem Verhältniß der Ehegatten gegeben hat, noch bedeutend verstärkt.

Der letzte Akt zeigt uns Moritz als Schützer des Friedens von Deutsch­sand gegen seinen ehemaligen Genossen Albrecht. In diesem Kampfe fällt er.