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Bischöfe, die ihre „gesunden Principien" und ihre „loyale und treue Haltung der Autorität des Staates sowohl als der Kirche gegenüber" preisen, nicht genau gesehen oder nicht sehen wollen. Entweder das Eine oder das Andere; ein Drittes gibt es nicht. Das wollen wir in Nachstehendem beweisen, indem wir uns den gerechten und vollkommenen Jesuiten nach zwei Seiten ansehen, nach seiner Stellung zum Eide und nach dem, was bei ihm Gehorsam heißt. Wir werden finden, daß nach beiden Richtungen hin bei ihm, dem wahren und unverfälschten Schüler und Nachfolger Lohola's, weder von „echt sittlichem und christlichen Wandel", noch von „gesunden Principien" und von „loyaler und treuer Haltung" — wohl gegenüber der Kirche, wie sie die Ultramontanen auffassen, nicht aber gegenüber dem Staate — die Rede sein kann, wie ihn die nicht-ultramontane Welt erzeugt hat und erhalten wissen will. —
Ein Meineid ist*) nach den jesuitischen Meistern in der „Seelenführung", den Vätern Escobar, Laymann, Diana, Busenbaum und Tamburini, nur eine leichte oder, wie der Kunstausdruck lautet, nur eine „läßliche" Sünde, wenn man es dabei richtig anfängt; denn nur solche Eide sind verbindlich, bei denen man die Absicht, zu schwören, und sich dadurch auch verbindlich zu machen, gehabt hat. „Zu einem richtigen Eide", so belehrt uns Laymann, „genügt es nicht, die materiell den Eid bezeichnenden Worte auszusprechen; wenn nicht zugleich der Geist oder Wille, zu schwören, und den wahrhaftigen Gott zum Zeugen anzurufen dabei ist, so wird es nur ein singirter oder trügerischer Eid sein, aber auch ein solcher legt bisweilen, wenn auch nicht gerade aus Gründen der Religion, doch damit Aergerniß oder Schaden abgewendet wird, die Verpflichtung, ihn zu halten, auf." Noch deutlicher sagt Diana: „Wer ein Versprechen oder Gelübde ablegt, mit dem ausdrücklichen Willen, sich nicht zu verpflichten, der verspricht oder gelobt in Wirklichkeit nichts; denn durch die nebenhergehende Absicht, sich nicht zu verpflichten, vernichtet er die Absicht des Gelvbens. Gleiches wird von dem Versprechungseide zu sagen sein, da er fast in allen Stücken das Wesen der Versprechung theilt." Der jesuitische Moralist Gury endlich, der jetzt und seit circa zwanzig „Jahren schon der Lehrmeister des klerikalen Nachwuchses in Deutschland ist, erklärt in seiner Abhandlung über den Eid (Ituzolo^ia Noralis, Ausgabe von 1868): „Der singirte oder blos äußerliche Versprechungseid gilt nicht, weil der Wille dabei mangelt. Der so Schwörende sündigt, aber vermuthlich nur leicht, weil er sich nur einer Lüge verbunden mit eitler Anrufung des Namens Gottes schuldig gemacht hat."
') Vcrgl. „Rheinischer Merkur" II. Jahrgang Nr. 52, wo die Sache ansfühllichcr erörtert ist.