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Die heroischen Tage der sächsischen Lords.
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Uebereinstimmung zu bringen. Mit Recht wies Dr. Heinze auf diese direet entgegengesetzte Begründung der Rechtsgültigkeit der sächsischen Verordnungen hin und fragte an, ob ein sächsisches Gesetz, das in Uebereinstimmung mit den Reichsgesetzen gebracht werden soll, wirklich das alte sächsische Gesetz bleibt?") Weder'hat die Regierung auf diese Frage geantwortet, noch die officielle Presse diese Frage abgedruckt.

Die Antwort darauf werden wir wohl an der Stelle erhalten, von wo aus einst auch wohl die nähere Klärung der wunderlichen Begriffe zu er­warten steht, welche der Herr Justizminister über die Pflichten des Reichs­kanzleramtes entwickelte.**)

Denn als letzten Trumpf spielte der Herr Minister, unter tiefster bei­fälligster Bewegung des Hauses diethatsächliche Bemerkung" aus. daß dem Bundeskanzleramte bereits im Januar v. I.'sämmtliche 4 Verordnungenzur Kenntnißnahme" mitgetheilt, und bisher von dort ein Bedenken gegen die Legalität, Zulässigkeit und Uebereinstimmung dieser Verordnungen mit den Reichsgesetzen nicht erhoben worden, mithin diese Legalität u.' s. w. dort auch anerkannt worden sei,man müßte denn voraussetzen, daß das Reichskanzleramt die ihm auf sein Ersuchen zur Kenntniß­nahme mitgetheilten Verordnungen ungelesen zu den Acten gelegt und daß es diese Verordnungen nicht genau geprüft habe. Das kann man jedenfalls von dem Neichskanzleramt nicht voraussetzen."

Wenn die Reichsbehörde sich Material zur Prüfung einsammelt, ge­wiß nicht. Aber wenn sie das Material nur behufs Mittheilung an den Reichstag und zu dessen Prüfung sammelt, wie im vorliegenden Fall wie der Herr Justizminister sich durch einen einzigen Blick in die stenographischen Berichte des Reichstags von 1870 S. 1177, 1178 überzeugen konnte so hatte sie einen Anlaß zur Prüfung der sächsischen Verordnungen schlechter­dings nicht, und.hatte der Herr Justizminister allerdings die letzte Stunde der Verhandlungen für diese wichtigste Mittheilung an die hohe Kammer be­sonders günstig gewählt. Mit derselben Mehrheit wurde auch das neu-alte sächsische Forststrafgesetz genehmigt.

Damit schlössen die heroischen Tage der sächsischen Lords.

«5.

Dom preussischen Landtag.

Berlin, den 4. Februar 1872.

Die vergangene Woche brachte im Abgeordnetenhaus die Berathung der Ausgaben des Cultusministeriums. So schien es denn, als müßten die großen Fragen, welche sich an diesen Zweig der Staatsverwaltung knüpfen, wenn auch nicht zur entscheidenden Verhandlung , doch zu einer vorläufigen Aus­sprache gelangen. In dieser Erwartung hatte sich das Publicum ungewöhn­lich zahlreich zu den Tribünen des Abgeordnetenhauses gedrängt.

Jene Fragen sind denn auch zum Theil berührt worden, aber die Art,

L. M. S. 181. -) S. 175. Gnnzvotm I. 1872.

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