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aus dem Innern zu berichten, so daß die Spalten der Blätter größtentheils mit Berichten aus dem französisch-deutschen Kriege in Frankreich und Mexico gefüllt waren und für das Inland nur Theaterkritiken, Schulprüfungen und Räubergeschichten übrig blieben. Aber dieser Zustand änderte sich bald.
Man begann in den ersten Monaten des Jahres schon, obwohl es noch lange Zeit hatte, Vorbereitungen zur Wahl für die Besetzung des Präsidentenstuhles zu machen; dieselbe sollte erst mehrere Monate nachher stattfinden und doch beschäftigte sie einen Theil der Bevölkerung lebhaft. Die Parteien zogen auf die Gegencandidaten mit Bitterkeit los, schickten Agenten in Städte und Dörfer, um zu forschen, welche Aussichten ihre Candidaten hätten. Versprechungen zu machen und nöthigenfalls mit Geld nachzuhelfen. Einer der drei Candidaten für den Präsidentenstuhl — neben Juarez und Porfirio Diaz — war der kürzlich aus dem Ministerium des Aeußern zurückgetretene Lerdo de Te- gada. Lerdo war die Seele des Ministeriums gewesen und seine Entschiedenheit siegte fast immer im Rathe. Als Präsident des obersten Gerichtshofes war er nach der Verfassung Vicepräsident der Republik. Er hatte nun den Vorsitz des Appellhofes wieder übernommen, von dem er in der Eigenschaft als Minister entbunden war. Die anderen Candidaten für die Präsidentschaft waren Juarez selbst und Porfirio Diaz. Die Anhänger Lerdo's stellten diesen hoch über Juarez, feine Gegner aber verkannten zwar nicht sein Talent und seine Kenntnisse, warfen ihm aber aristokratische Principien, Einverständniß mit dem Klerus und die Absicht vor, Mexico unter die Herrschaft Nordamerikas zu bringen. Allgemein war fchon jetzt die Besorgniß, daß die Wahlagitationen Störung des innern Friedens herbeiführen würden. — Die Anhänger des Präsidenten Juarez wiesen vor Allem auf den materiellen Fortschritt, den viele Theile des Landes unter seiner Thätigkeit und Führung gewonnen hatten. Die Telegraphenlinien waren nach allen Seiten verlängert und namentlich bis zur Grenze der Vereinigten Staaten geführt worden, so daß man täglich die neuesten Nachrichten aus Europa erhalten konnte. An vielen Stellen wurden artesische Brunnen gebohrt und selbst in dem wasserarmen Neuealifornien mit Erfolg. Man fuchte die Einwanderung möglichst zu begünstigen und versprach bedeutende Privilegien. In Südcalifornien kaufte eine nordamerikanische Compagnie ausgedehnte Ländereien und bevölkerte sie; man rühmte die Fortschritte im Landbau, im Bergbau, in der Salzgewinnung und in den Gewerben. Zur Entwässerung des Thales von Mexico wurde ein großer Tunnel ausgeführt, bei dessen Grabung man interessante paläontologische Entdeckungen machte.*)
") Nach dem Berichte Don Antonios del Castillo, des gelehrten Geologen Mexicos, wurden neue Geschlechter und Arten unter den Gebeinen der Postterticirschichten entdeckt.