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hatte. Der Conflict wird in der nächsten Session schärfer und für die Parteibildung bestimmender hervortreten. —o — —
Vom deutschen Aeichstag.
Berlin, den 18. Juni 1871.
So liegt denn die erste Session des ersten deutschen Reichstages hinter uns. Der Streitpunkt, der über eine in das Militärpensionsgesetz vom Reichstag aufgenommene Bestimmung sich schon zu erheben schien, ist durch Nachgiebigkeit der Reichsregierung wieder verschwunden. Dagegen hat der Reichstag seinerseits die vier zur Dotation verdienter Heerführer und Staatsmänner bestimmten Millionen dem Kaiser mit großer Mehrheit zur Verfügung gestellt. Die Neichsregierung ihrerseits hat außerdem vier Millionen zur Unterstützung der in ihrem Erwerb gestörten Wehrmänner vom Reichstag verlangt und erhalten, und damit die Absicht des Bunsen'schen Antrages, welchen der Reichstag sich angeeignet hatte, dem Inhalt nach zur Erfüllung gebracht. In der Form waltet allerdings ein erheblicher Unterschied ob gegen den Bunsen'schen Antrag, ein Unterschied jedoch, der nur als eine Verbesserung zu betrachten ist. Bunsen hatte verlangt, das Reich solle eine Darlehns- kassenverwaltung einrichten. Der nunmehr zum Reichsgesetz gewordene Antrag des Bundesrathes dagegen gibt dem Bundesrath die Vollmacht, von demjenigen Theil der französischen Kriegsentschädigung, welcher eines Tages den Einzelstaaten zufallen soll, jetzt bereits vier Millionen Thaler unter die Bundesregierungen zu vertheilen, damit diese unter Verantwortlichkeit vor ihren bezüglichen Landesvertretungen von dem für die Einzelstaaten erworbenen Gute nach Befinden den Gebrauch machen, ihre durch Erfüllung der Wehrpflicht im Erwerb gestörten Bürger aus dem jeder Regierung angemessen erscheinenden Wege zu unterstützen.
Gewiß hat die Reichsregierung wohl gethan, daß sie das Pensionsgesetz nicht zurückzog, ungeachtet der unzweckmäßigen Bestimmung, daß die Invaliden über den Grund der Erwerbsunfähigkeit und damit über die ihnen gebührende Pensionsklasse bei den Gerichtshöfen des Privatrechts klagbar zu werden in den Stand gesetzt worden. Denn daraus entstehen nur überflüssige Processe, willkürliche, weil Einzelfalle außer Zusammenhang treffende Entscheidungen und schließlich Schädigung des sachlich competenten Verfahrens. Aber es ist eine Folge des parlamentarischen Lebens, daß Lieblingsmeinungen