Beitrag 
Süddeutschlands Anschluß an den Bund.
Seite
194
Einzelbild herunterladen
 

IM

v. Suckow vorbehielt, der in jenen Tagen im Hauptquartier zu Ferriöres sich befand um dem König von Preußen den würtembergische» Militärorden zu überbringen, aber zugleich sich in anderweitige Gespräche daselbst vertieft zu haben scheint, denn er brauchte zu dieser Mission nicht weniger denn drei Wochen.

Von Anfang an war die Haltung Würtembergs von derjenigen Bayerns principiell verschieden. Frühzeitig besreundete es sich mit dem Gedanken des Eintritts in den Bund. Man sagt, es datire diese Sinnesänderung des Hrn. v. Mittnacht von dem Augenblick, da man in Stuttgart den Entschluß Badens erfuhr, in jedem Fall dem Bund beizutreten. Die Aussicht, schließ­lich mit Bayern allein zu bleiben, mit anderen Worten einer Art bayrischer Curatel anheimzufallen, ließ den Gedanken der preußischen Fuhrung rasch in milderem Lichte erscheinen. Man sprach die Geneigtheit aus, den Anschluß zu vollziehen auch ohne Bayern, und das war um so vertrauenerweckender, als man hoffen durfte, daß gerade dadurch auch die Geneigtheit Bayerns werde beflügelt und angefeuert werden. In der ministeriellen Erklärung, welche der würtembergische Staatsanzeiger am Abend des 8. October ver­öffentlichte, war nichts so erfreulich, als die Abwesenheit einer jeden Hindeu­tung auf gemeinschaftlich mit Bayern verabredete oder zu verabredende Schritte.

Aber auch im Uebrigen trug diese Erklärung einen den Umständen ge­mäß ganz befriedigenden Charakter. Es war wirklich das erstemal, daß eine offizielle Stimme aus Würtemberg in dieser Tonart sprach. Das Bedürf­niß einer deutschen Gesammtverfassung mit Centralgewalt, Parlament und einheitlichem Heer war in einer Weise ausgedrückt, als ob dem Verfasser eines jener alten Programme zum Muster vorgelegen hätte, in welchen der Nationalverein seine Forderungen zu formuliren pflegte. Aber selbst die Nordbundsverfassung wurde einer flüchtigen Erwähnung gewürdigt. Zwar vom Beitritt zum Bunde war vorsichtigerweise nicht die Rede. Vermuthlich weil man beabsichtigte das würtembergische Volk erst allmälig auf das vor­zubereiten, was ihm bis jetzt als ein Greuel, nahezu als eine Art Pact mit dem Beelzebub dargestellt worden ist. Eintritt in den Bund war seit vier Jahrender schrecklichste der Schrecken", gleichbedeutend mit dem unfehlbaren Ruin des Landes, und vielleicht waren die jetzigen Minister zugleich der Meinung, daß es ihrer eigenen Vergangenheit wenig angemessen wäre, wenn sie sich dieses Schlagworts bedienten. Auch durfte man der deutschen Partei, die furchtlos eben dieses Schlagwort zu ihrem Feldgeschrei erkoren hatte, un­möglich die Genugthuung geben, sie gleichsam jetzt im Recht erscheinen zu lassen, nachdem sie mit so leidenschaftlicher Anstrengung und mit so fatalen Allianzen eben um dieses Schlagworts willen bekämpft worden war. Wiesen